"Vom Ende der Liebe", 21. September, 20.15 Uhr im Ersten
Wer sich Filme nur anschaut, wenn sie eine Happy-End-Garantie bieten, wird dieses Drama gleich von der Liste streichen: Der Titel "Vom Ende der Liebe" erzählt bereits die ganze Geschichte. Doch dann würde man ein Werk verpassen, dass sein Thema (Drehbuch: Harald Göckeritz) mit seltener Sensibilität bearbeitet, das mit großartigen Schauspielern und noch mehr Feingefühl umgesetzt worden ist (Regie: Till Endemann) und das aller Düsternis zum Trotz am Ende zwar keine Versöhnung, aber immerhin eine versöhnliche Lösung zu bieten hat. Bis dahin ist es jedoch ein weiter Weg.
Keine externen Trennungsverstärker
Der Film gliedert den Trennungsvorgang in mehrere Akte, die anhand der wechselnden Jahreszeiten erzählt werden. Die Geschichte beginnt mit der Erkenntnis eines Paares, dass im Verlauf der 16 Jahre währenden ehelichen und familiären Routine die Liebe abhanden gekommen ist. Grimme-Preisträger Göckeritz ("Grüße aus Kaschmir") verzichtet auf einen externen Trennungsverstärker: Es gibt keine Nebenbuhler; Sonja und Lukas haben sich einfach auseinander gelebt. Jeweils mit mehreren Monaten Abstand schildert er die Trauer, den Kampf um die Kinder, die vorsichtige Annäherung. Zwar tauchen zwischendurch auch Nebenfiguren auf, doch im Wesentlichen konzentriert sich die Handlung auf die Familie. Das funktioniert, weil Göckeritz die Trennung so schmerzlich lebensnah beschrieben hat und weil Endemann ("Flug in die Nacht – Das Unglück von Überlingen") gemeinsam mit Anja Kling und Bernhard Schir ein Film von enormer Intensität gelungen ist.
Bemerkenswerter noch als die Leistungen der beiden Hauptdarsteller ist die Führung der Kinder Nele und Tomi (Lilli Meinhardt, Mika Seidel), deren Rollen außerordentlich anspruchsvoll sind: Als Leidtragende des Prozesses entwickeln sie naturgemäß ganz eigene Strategien, um die Trennung zu verarbeiten.
Verzicht auf jegliches Spektakel
Zu den Qualitäten des Films gehört auch der konsequente Verzicht auf jegliches Spektakel, beim Drehbuch wie bei der Umsetzung. Die Handlung beginnt mit dem Einzug der Karlsruher Familie in einen Neubau. Weil Sonja den Umzug allein stemmen muss, baut sich eine Wut auf, die sich entlädt, als Lukas von der Arbeit kommt. Das Ehepaar streitet sich immer öfter und immer lauter, die Anlässe werden immer nichtiger; schließlich zieht Lukas aus. Jetzt reichen die anderthalb Einkommen allerdings nicht mehr, um Baukredite, Unterhalt und Miete zu bezahlen. Eigenmächtig beschließt Lukas, das Haus zu verkaufen, was zu weiteren Auseinandersetzungen führt. Als Sonja überlegt, eine Ganztagsstelle in Trier anzunehmen, setzt die 14jährige Nele durch, bei ihrem Vater zu bleiben. Nun fürchtet Sonja, auch noch den kleinen Tomi (7) zu verlieren.
Mit vielen, für sich genommen jeweils unspektakulären Szenen dokumentieren Göckeritz und Endemann, wie sich das Glück in seinen Gegenteil verkehrt. Und wie die Kinder verzweifelt versuchen, zu retten, was längst nicht mehr zu retten ist: Tomi schließt die Eltern an Heiligabend im Keller ein, Nele reagiert mit Aufsässigkeit und spielt Sonja und Lukas gegeneinander aus, was die Gräben noch vertieft. Ein unaufwändig produzierter, aber großer Film, der sehr nachdenklich macht.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).