Leinen los! Unterwegs mit dem Hausboot
Urlaub ist Stress. Das geht schon los beim Reiseziel: Wo soll’s hin? In den Süden, ans Meer, in die Berge? Aktivurlaub oder doch am Strand faulenzen? Und wie erkundet man den Ferienort dann? Mit dem Mietauto, Reisebus, gar nicht? Und dann vor Ort: Wo übernachten? Hotel? Ferienhaus? Zelten? Wer angesichts dieses Entscheidungsstresses schon Schweißperlen auf der Stirn fühlt und sich einfach nur mal treiben lassen will, sollte sich überlegen, mal ein Hausboot zu mieten: Hier ist der Weg das Ziel.
15.09.2011
Von Franziska Fink

Ein Hausboot, das verbindet man mit Abenteuer und Naturidylle, Huckleberry Finn und Sophia Loren, die "Bing Bang Bong" singt. Tatsächlich kann man sich den Traum vom Wohnschiff in Deutschland relativ unkompliziert erfüllen: Die Mecklenburger Seenplatte ist ein traumhaftes Hausbootrevier, wo man auch ohne Bootsführerschein durch die Landschaft schippern kann. Dass man trotzdem nicht gleich ablegen darf, erklärt Francisco Forgas von Locaboat. Stufenweise wird man auf seine Kapitänsaufgaben vorbereitet: "Vorab wird einem schon mal das Bordbuch mit allen notwendigen Anweisungen und Erklärungen geschickt. Vor Ort wird jedem dann ganz praktisch erklärt, wie das Boot funktioniert, was zu beachten ist, wo man Wasser auffüllt usw. Zum Schluss wird dann eine kleine Probefahrt gemacht."

Dann kann’s endlich losgehen durch Flüsse, Seen und Kanäle. Die Attraktivität vom Urlaub auf dem Wohnschiff besteht "vor allem aus Ruhe und Entspannung", meint Forgas. "Das langsame Dahingleiten mit dem Boot wirkt sehr entschleunigend. Manche sagen, dass eine Woche Hausboot-Urlaub den Effekt von zwei Wochen Erholung bringt."

Kurioses auf dem Wasser

Aber soll ein Hausboot nicht auch nach Abenteuer und Freiheit riechen? "Beim ersten Mal habe ich einen Koffer mit Büchern mitgenommen, aus Angst mir könnte es auf dem Wasser langweilig werden", so Edeltraud Bär, die mittlerweile schon viermal mit dem Hausboot auf der Mecklenburger Seenplatte unterwegs war. Am Ende des Urlaubs habe sie kein einziges gelesen, denn "es gibt so viel am Wegesrand zu entdecken und endlich hat man auch mal Zeit dafür". Beeindruckend sei für sie vor allen Dingen die unberührte Natur, durch die man mitten hindurch gleitet.  Spannend findet Bär auch immer wieder die Begegnung mit anderen Flussreisenden: "Unterwegs treffen wir auch immer auf allerhand Kurioses: Huckleberry-Finn-Hausboote, die tatsächlich nur ein Floß mit Häuschen drauf sind oder Paddler, die einen Extra-Ableger für ihren Hund angekettet haben."

Kräftig in die Pedale treten

Eine vorgegebene Route gibt es nicht: Man kann sich einfach treiben lassen und überall anhalten, wo einem der Sinn nach steht und man Lust hat die Umgebung zu erkunden. Nur nachts muss das Boot festgemacht werden, entweder in einer der zahlreichen Marinas oder in der freien Natur. Besonders schnell werden Hausboote nicht: Die Motoren sind gedrosselt auf eine maximale Geschwindigkeit von etwa 10 km/h. Wem das immer noch zu schnell ist, kann auf eine außergewöhnliche Variante zurückgreifen: Eine Mühlheimer Werft an der Ruhr vermietet Hausboote mit Tretantrieb, die Höchstgeschwindigkeit liegt hier bei drei bis vier Stundenkilometern. Da sind selbst Spaziergänger schneller. Aber immerhin muss auch ein sechs mal zwei Meter langes Boot mit Muskelkraft betrieben werden.

Mit dem Hausboot zu fahren bedeutet auch, sich einem langsameren Rhythmus anzupassen, die Hektik des Alltags abzustreifen. Vielleicht ist das auch der Reiz eines Hausboots: Sobald die Leinen los sind, lässt man auch innerlich los. Zu spät ist es für dieses Jahr übrigens noch nicht: Die Hausboot-Saison geht noch bis Anfang November.


Franziska Fink arbeitet als freie Journalistin für evangelisch.de.