Das war mal ein wirklich guter Werbespot: Der kleine Junge im Darth Vader-Kostüm (jener Schurke aus Star Wars) der wie der Bösewicht versucht, Dinge nur mit Willenskraft zu bewegen. Mehr als 40 Millionen Menschen sahen den Spot des Autoherstellers Volkswagen bei youtube – wenn das kein Erfolg ist.
Diesen Erfolg hat sich die Umweltorganisation Greenpeace zu Nutze gemacht – und ihrerseits einen Spot gedreht. Nur ist dieses Mal VW selbst die böse Macht. Getarnt als Todesstern bedroht der Konzern die Welt, weil er bei der Herstellung seiner Pkw den CO2-Ausstoß und somit die Umweltzerstörung fördert, heißt es im Spot. Volkswagen – auf der dunklen Seite der Macht? Ist der Konzern denn nicht einer der Autohersteller, die sich um umweltfreundliche und nachhaltige Technologie bemühen?
"Der Werbespot war ein netter Joke", sagt Greenpeace Verkehrs-Experte Wolfgang Lohbeck. Dahinter aber stecke ein ernstes Thema. Der eigentliche Vorwurf der Umweltorganisation an den Autokonzern: "VW hat die Technik, um CO2-sparende Autos zu bauen, sie wird nur nicht als Standard eingesetzt", sagt Lohbeck. "Wir können die Kritik von Greenpeace nicht nachvollziehen", sagt Ines Roessler aus der Umweltabteilung von VW. Umweltschutz und nachhaltiges Wirtschaften seien entscheidende Faktoren der Unternehmensstrategie. Das belege auch die Reduzierung der CO2-Emission von 166 Gramm (2006) auf 144 Gramm (2010) bei Neuwagen.
Genau das aber ist das Thema, das Greenpeace bewegt: der CO2-Ausstoß. Seit Beginn der Industrialisierung steigen die Konzentrationen der Gase in der Erdatmosphäre, sie verstärken den natürlichen Treibhauseffekt. Die Ursache: Emissionen, die in erster Linie aus der Verbrennung fossiler Energie stammt. Dass immer mehr Energie verbrannt wird und so immer mehr Gase in die Erdatmosphäre gelangen, wirkt sich negativ auf das Klima aus. Im vergangenen Jahrhundert stieg die Temperatur um durchschnittlich 0,7 Grad Celcius. Hauptsächlicher Verursacher laut Umweltbundesamt: CO2.
Etwa ein Viertel der CO2-Emmissionen ensteht durch Verkehr
Dieses Kohlendioxid ist verantwortlich für rund 86 Prozent der Gesamtemissionen. Für Deutschland gilt laut Zahlen des Statistischen Bundesamts: 789 Millionen Tonnen Emmissionen gab es im Jahr 2009 – etwa ein Viertel davon entstehen durch Verkehr. Ein großer Teil durch Pkw.
Um diesen Anteil zu verringern, verpflichtete sich die Autoindustrie, den CO2-Ausstoß bei neuen PKW zu senken. Das Ziel waren 140 Gramm pro Kilometer bis 2008. Die Emissionswerte konnten zwar gesenkt, die Ziele der Autoindustrie aber nicht erreicht werden. Deshalb wurde 2009 die Verordnung zur Minderung der Kohlenstoffdioxis CO2 -Emissionen bei Autos von der EU verabschiedet.
Die besagt: Bis 2015 soll der Grenzwert von durchschnittlich 130 Gramm CO2-Ausstoß pro Kilometer bei Neufahrzeugen erreicht werden. Ab 2015 liegt der Grenzwert bei 95 Gramm pro Kilometer. Verstößt ein Autokonzern dagegen, muss er zahlen – pro Neuwagenzulassung. Allerdings ist die Produktion von Fahrzeugen mit höherer Emission nicht rechtswidrig, also werden keine Strafzahlungen oder Bußgelder fällig, sondern "motivierende Lenkungsabgaben".
Zurück zu VW. Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamts zeigen: Der Golf war auch 2010 mit 251.078 Stück das meistverkaufte Auto in Deutschland. Auch auf Platz zwei der Rangliste findet sich ein VW wieder: der Polo. Auf Platz drei rangiert der Opel Astra, gefolgt von der C-Klasse von Mercedes mit 71.871.
Die CO2-Werte des Golfs sind unterschiedlich - je nach Ausstattung - und liegen zwischen 99 und 199 Gramm pro Kilometer. Zum Vergleich: Die CO2-Werte der C-Klasse von Mercedes, das Auto, das in Deutschland auf Rangliste drei der meistverkauften Pkw liegt, liegen laut Verband der Automobilindustrie zwischen 143 und 312 Gramm Treibhausausstoß pro Kilometer.
Muss man bei VW genauer hinschauen, nur weil der Konzern Marktführer ist?
Obwohl die Werte im Vergleich gar nicht so schlecht sind, sind die für Greenpeace noch immer zu hoch. Und viel schlimmer noch: "Die Werte sind überflüssig", sagt Greenpeace Verkehrs-Experte Wolfgang Lohbeck. Denn würde VW die vorhandene Blue Motion Technologie - beispielsweise die Start-Stopp-Funktion und tiefergelegte Karosserien - in Serie einbauen, könnte der CO2-Ausstoß niedriger sein. VW hingegen verweist darauf, dass der Konzern die Technologie für fast alle seine Modellreihen anbiete, "der Mehrpreis liegt im Schnitt übrigens nur bei rund 400 Euro ", sagt Ines Roessler aus der Umweltabteilung von VW. Aus Sicht des Konzerns ein "akzeptabler Mehrpreis".
Bleibt die Frage nach der Verantwortung. Muss man bei Volkswagen besonders genau hinschauen und vielleicht mehr verlangen, nur weil das Unternehmen die Verkaufslisten anführt? "VW ist das Vorbild, weil der Konzern global dominant ist", sagt Lohbeck. Daraus erwachse mehr Verantwortung. Er fordert, die Technologie, die vorhanden ist, einzusetzen - ohne Aufpreis.
Maike Freund ist Redakteurin bei evangelisch.de.