Blogger Anti: "Demokratie ist universeller Wert"
Das Internet als revolutionäre Kraft - brisantes Thema des Potsdamer Medienforums M100. Dieses Jahr wurde der chinesische Blogger Anti von der hochkarätigen Journalisten-Runde ausgezeichnet. Auch als Signal an Peking, mehr Demokratie zu wagen.
09.09.2011
Von Ronald Bahlburg

Der kritische chinesische Blogger Michael Anti hat die Bedeutung der Demokratie auch für sein Heimatland hervorgehoben. Sie sei ein "universeller Wert", sagte Anti, der am Donnerstagabend den Preis des internationalen Potsdamer Medienforums M100 erhielt. Dies sei eine Lehre aus dem "Arabischen Frühling", der zum Sturz der Regierungen in Tunesien, Ägypten und Libyen geführt hatte. Gleichzeitig betonte Anti in Potsdam in China erlaubten es inzwischen die neuen Medien und sozialen Netzwerke, eine landesweite Debatte über Themen zu führen.

"Meine Rolle ist die eines Kommunikators"

Der ihm zuerkannte Preis werde ihm helfen, seine Ziele weiterzuverfolgen, meinte der 36-jährige Preisträger, der eigentlich Zhao Jing heißt und sich seit zehn Jahren Michael Anti nennt. Er gilt als einer der meistgelesenen Blogger Chinas und greift vorzugsweise Themen auf, die sich mit Filz und Korruption beschäftigen. "Meine Rolle ist die eines Kommunikators", bemerkte Anti dazu. Er wolle der Welt über die Lebens- und Arbeitsbedingungen in China erzählen, dessen Gesellschaft so "komplex und vielseitig" wie andere Gesellschaften sei.

Laut Anti nutzen mittlerweile rund 500 Millionen Chinesen das Internet, von denen 200 Millionen sogenannte Mikroblogs über ihre Erlebnisse und Erfahrungen schreiben. "Da entsteht eine ganz neue Kraft", sagte ZDF-Chefredakteur Peter Frey in seiner Laudatio auf den Preisträger. Noch immer sei China aber ein autoritärer Einparteienstaat. Anti verstehe sich als Journalist, der politische Tabus ignoriere, nicht jedoch als Dissident, stellte der Chefredakteur des Magazins "Stern", Thomas Osterkorn, fest.

Rolle der sozialen Netzwerke für die Demokratie

Der undotierte M100-Preis wurde am Abend zum siebten Mal verliehen. Anti bekam ihn für sei mutiges Eintreten für Meinungs- und Pressefreiheit. Hauptthema der Medienkonferenz mit rund 100 Chefredakteuren und namhaften Journalisten war in diesem Jahr, welche Rolle neue Medien wie Twitter und Facebook für die Revolution in arabischen Staaten spielen und gespielt haben. Sie stand unter der Überschrift "Globale Demokratie - ein Triumph für soziale Netzwerke?" Den erstmals vergebenen Ehrenpreis erhielt der Mitbegründer des M100-Treffens, Lord George Weidenfeld, auf den der frühere österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel die Laudatio hielt.

In ihrer Rede beschwor die tunesische Journalistin und Oppositionelle Sihem Bensedrine die Zusammenarbeit zwischen arabischen und westlichen Staaten beim Aufbau der Demokratie. Jetzt sei für beide Seiten der Zeitpunkt der Versöhnung gekommen.

Zu den bisherigen Preisträgern des Medienforums zählen der Gründer der Organisation "Ärzte ohne Grenzen", Bernard Kouchner, der Musiker und "Live-Aids"-Organisator Bob Geldof, der dänische Karikaturist Knut Westergaard und der frühere deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP).

dpa