Rotarier und Co: Der umstrittene Einfluss der Wohltätigen
Sie wollen ja nur das Beste. Doch trotz ihres wohltätigen Engagements leiden die Rotary Clubs an ihrem Image. Den Ruf des Elitevereins möchten sie möglichst loswerden. In Stuttgart arbeitet seit kurzem der 1000. Club in Deutschland daran.
08.09.2011
Von Annika Kasties

Sie sind reich, elitär und drücken ihre Nächstenliebe mit einem beherzten Griff zum Scheckbuch aus - das Image von Rotary International ist nicht immer schmeichelhaft. Das wohltätige Engagement des Serviceclubs wird überschattet von dem Eindruck einer Klüngelgesellschaft, deren Mitglieder primär ihre eigenen Interessen verfolgen. Dabei haben sich die Rotarier dem "selbstlosen Dienen" verschrieben. Am Freitag wollen sie in Stuttgart die Gründung des 1000. Rotary Clubs Deutschlands feiern. Der "RC Stuttgart International" soll nicht nur unter den Mitgliedern Ressentiments aus dem Weg räumen.

Der Zusammenschluss von Führungskräften aus Politik, Wirtschaft oder Wissenschaft in einer Vereinigung ist vielen Menschen ein Dorn im Auge. Mitglied wird man nur auf Vorschlag. Beruflicher Erfolg sowie humanitäres Engagement gelten als Eintrittskarte in die exklusiven Clubs. "Rotarier müssen im Beruf Verantwortung tragen und zeigen, dass sie einen Überblick über die Probleme in der Gesellschaft haben", sagt Rudolf Lachenmann, ehemaliger Governor des Württembergischen Rotarier-Distrikts.

Die Rotarier legen Wert darauf, dass ihre Mitglieder aus unterschiedlichen Berufsgruppen kommen. Ziel sei es, die Gesellschaft "auf allen Gebieten" abzudecken, betont Lachenmann. Ein Hauselektriker, der sich als zuverlässiger Mensch in seinem Beruf bewährt habe, sei dafür ebenso geeignet wie ein Arzt, betont der geschäftsführende Gesellschafter eines Betriebes zur vermeintlichen Exklusivität der Rotarier.

Rotarier sind keine Engel

"Rotary ist kein Club der Elite", betont Gabriele Kloesel-Schäfer, Präsidentin von "RC Stuttgart International", der sich bereits im Mai gegründet hatte, was nun gefeiert werden soll. Doch die Mitglieder ihres Clubs sind Ingenieure, Rechtsanwälte, Architekten und Ärzte.

Lachenmann hat Verständnis dafür, dass viele Menschen die wöchentlichen Treffen einflussreicher Persönlichkeiten als elitäre Klüngelei erachten. Dass auf solchen Wegen auch berufliche Abkommen entstünden, will er nicht abstreiten. Die rotarischen Beziehungen sollten jedoch nicht für den persönlichen Vorteil, sondern für humanitäre Zwecke genutzt werden. Im Grunde genommen sei jeder Rotary Club eine kleine Ethikkommission. "Die Rotarier sind zwar auch nicht alle Engel, aber im Großen und Ganzen bewegt man eine ganze Menge."

Mit seinem größten Projekt Polio Plus setzt sich Rotary International weltweit für flächendeckende Impfungen gegen Kinderlähmung ein. Schwerpunktthemen der regionalen Kampagnen sind Umwelt, Analphabetismus, Hunger und gefährdete Kinder.

Lions-Sprecher: "Mitglied werden kann jeder, der zu den Lions passt"

Dennoch ist vielen Menschen die vermeintliche Macht der Rotarier nicht geheuer. Diese sei aber notwendig, um wirksam helfen zu können, entgegnen Rotarier. Nur wer beruflich wie privat Ansehen genieße, könne auf lange Sicht die Gesellschaft positiv beeinflussen. Lachenmann ist sich sicher: "Nur aufgrund des Netzwerkes ist diese Nachhaltigkeit möglich."

Rotary gilt als weltweit ältestes Wohltätigkeits-Netzwerk mit nach eigenen Angaben 1,2 Millionen Mitgliedern in mehr als 33.500 Clubs. Der erste Club wurde 1905 in Chicago (USA) auf Initiative des Anwalts Paul P. Harris gegründet. Die Rotarier haben sich dem "selbstlosen Dienen" verschrieben. Der Begriff "Rotary" leitet sich aus den anfangs noch rotierenden Treffen in den Büros der Mitglieder und der bis heute gültigen Idee eines jährlichen Wechsels der Ämter ab.

Nicht nur der älteste Serviceclub der Welt kämpft mit Imageproblemen. Auch die Lions, die Kiwanis sowie die reinen Frauenorganisationen Zonta und Soroptimist gelten als elitär. Ulrich Stoltenberg vom Lions Club International Deutschland ärgert sich über den schlechten Ruf der Vereine. Der Pressesprecher des Clubs, der nach eigenen Angaben die meisten Mitglieder weltweit hat, beteuert die Unvoreingenommenheit der Lions. Ausschlaggebend sei nicht das Gehalt der Mitglieder, sondern die Bereitschaft, aktiv Spenden zu sammeln. "Mitglied werden kann jeder, der zu den Lions passt."

dpa