PTBS steht für "Post-Traumatische Belastungsstörung". Sie ist eine psychiche Erkrankung, die nach traumatischen Ereignissen auftreten kann und derzeit vor allem mit Blick auf Soldaten, die aus dem Kriegseinsatz zurückkommen, diskutiert wird. Anlässlich des Krimis "Unter Verdacht – Rückkehr", in dem es genau darum geht, hatte die Produktionsfirma Eikon in Berlin zur Gesprächsrunde nach Berlin geladen, unter anderem mit dem Ratsvorsitzenden Präses Nikolaus Schneider und dem Afghanistan-Experten, Ex-Soldaten und Arzt Reinhard Erös. Außerdem saßen auf dem Podium der Traumatologe Norbert Kröger, die "Rückkehr"-Produzentin Elke Müller und Christof Munzlinger, Brigadegeneral und PTBS-Beauftragter der Bundeswehr.
Die Diskussionsrunde war sich beim Thema PTBS – die Traumatologe Kröger lieber als "PTVS", Post-Traumatische Verarbeitungsstörung, bezeichnet sähe – relativ schnell einig: Sie ist heilbar, und die vermehrten Bemühungen der Bundeswehr zur Behandlung von PTBS sind begrüßenswert, hätten aber schon vor Jahren beginnen müssen. "Wir sind mit den Therapien noch am Anfang", sagte Experte Kröger und verglich den aktuellen Stand der Therapie mit der Steinzeit, allerdings mit großer Hoffnung auf schnelle Verbesserungen.
Schneider: "Das Beste für die Soldaten tun"
Gerade der Wunsch, Hilfsarbeiter, Polizisten und Soldaten nach der Rückkehr aus Kriegsgebieten nicht allein zu lassen, einte die Runde. Ratsvorsitzender Schneider berichtete von seinem zweitägigen Afghanistan-Besuch im Februar und den Gesprächen mit Soldaten vor Ort und zog den Schluss: "Wenn wir sie politisch in solche Situationen schicken, haben wir auch die Pflicht und Schuldigkeit, das Beste für sie zu tun."
Der PTBS-Beauftragte der Bundeswehr Munzlinger stimmte ihm zu und forderte auch gleich mehr als nur die medizinsche Versorgung: "Man muss sich als Gesellschaft darum kümmern." Die Friedensgesellschaft in Deutschland sei noch nicht so weit, der General zitierte andere europäische Länder, die sich intensiver mit der Rolle ihrer Armeen beschäftigt haben: Dänemark, Holland, Großbritannien.
Genau da lag der Hase im Pfeffer der Diskussionsrunde, die sehr schnell von der PTBS-Diskussion auf die Frage nach Sinn und Unsinn des Afghanistan-Einsatzes kam. Die Rollen waren klar verteilt: Bundeswehr-General Munzlinger verwies darauf, dass Soldaten auch nur Befehlsempfänger seien. Ex-Stabsarzt Erös – der den Alltag in Afghanistan sehr gut kennt – stellte dafür den Militäreinsatz grundsätzlich in Frage: "Der Nato-Einsatz ist Unsinn", sagte er, und verwies insbesondere darauf, dass keine klaren Ziele für den Einsatz definiert seien.
"Das Böse in der Welt nicht einfach laufen lassen"
Es fiel dem Ratsvorsitzenden Schneider zu, eine ausgleichende Position einzunehmen. Er vermisse die gesellschaftliche Diskussion zum Weißbuch und den neuen Aufgaben der Bundeswehr auf dem Weg zu einer Einsatzarmee, sagte Schneider in der Diskussion. "Frieden soll nach Gottes Willen nicht sein, das ist die Herausforderung", formulierte der Ratsvorsitzende. "Man muss fragen, welche Rolle Militär dabei spielen kann, aber wir als Kirche würden nicht danach schreien." Schneider verwies auf die Friedensdenkschrift der EKD, die den Wechsel vom gerechten Krieg hin zum gerechten Frieden betone. Aber Schneider sagte auch, man könne das Böse in der Welt nicht einfach laufen lassen, sondern müsse ihm vor allem mit polizeilichen Mitteln entgegentreten.
So wie der Polizeiausbilder, den Ulrich Tukur in "Unter Verdacht: Rückkehr" spielt. Der geht motiviert und zuversichtlich in den Einsatz nach Afghanistan, aber kommt gebrochen zurück. Den Produzenten von Eikon und ZDF ist ein eindringlicher Film gelungen, dem vor allem die schauspielerische Leistung von Ulrich Tukur Tiefe und Klasse verleiht. Um seine Rückkehr spannen die Autoren Hartmut Block und Michael Kantenberg eine Krimigeschichte mit Mord, Terror und Staatsschutz, die bis zum Ende spannend bleibt (Bild links, Foto: Rieger/Eikon).
Sowohl der Film als auch die Diskussion zeigten aber, dass das Thema Auslandseinsatz nicht nur aus aneinandergereihten Einzelfällen besteht. Der Bedarf an gesamtgesellschaftlicher Diskussion ist da. Das Publikum in Berlin war bereit, sich schon mal einzumischen: An Reinhard Erös ging der Einwurf, welche Alternative er denn vorschlage, nachdem Erös das Militär in Afghanistan, vor allem das amerikanische, als "Teil des Problems" bezeichnete. Erös wusste auch keine Antwort darauf, außer, dass Militär nicht das richtige Mittel zum Wiederaufbau Afghanistans sei.
Diese Debatte müssen alle führen
Aber abziehen könnte man die Soldaten jetzt auch nicht einfach so, warf Bundeswehrgeneral Munzlinger ein: "Wir können da keine 20, 30 Jahre bleiben, aber morgen einfach rausgehen wäre unmoralisch." Die Sprachlosigkeit gegenüber der Situation, der fehlende gemeinschaftliche Umgang sowohl mit den Rückkehrern als auch mit dem Einsatz in Afghanistan selbst – das ist die Herausforderung, die zu meistern ist.
Die Kirche kann dabei eine Orientierung bieten, einen Anstoß liefern. Ratsvorsitzender Schneider hat jüngst genau das getan mit seinem Vorschlag, die veränderten Aufgaben der Bundeswehr im Grundgesetz zu verankern. Schneider sagte in Berlin aber auch: "Frieden lässt sich nur über Zivilität herstellen." Die Debatte, wie das in Afghanistan gehen soll und ob die Soldaten das richtige Instrument dafür sind, aber auch, wie wir alle mit den Rückkehrern umgehen, muss geführt werden. Vielleicht bietet "Unter Verdacht: Rückkehr" dafür einen Anstoß, der zwar filmisch dramatisiert, aber einen wahren und wichtigen Kern enthält.
"Unter Verdacht: Rückkehr" läuft am 3. September um 20.15 Uhr im ZDF.
Hanno Terbuyken ist Redakteur bei evangelisch.de und schreibt das Blog "Angezockt".