"Flaschendrehen", 6. September, 20.15 Uhr in Sat.1
Es dauert eine ganze Weile, bis die Flasche tatsächlich gedreht wird; aber dann bricht endlich die Liebe aus. Bis dahin jedoch wirft sich Modepüppchen Gretchen (Janin Reinhard) dem Falschen an den Hals, als gäb’s kein Morgen. Ihre beste Freundin und Partnerin Sarah (Josephine Schmidt) ist zwar nicht ganz so stürmisch, aber nicht minder verliebt. Was beide nicht ahnen: Beim Objekt ihrer Begierden handelt es sich nicht nur um denselben Mann, sondern auch noch um ihren Gegenspieler.
Konkurrenz belebt das Geschäft
Innenarchitektin Gretchen und Tischlerin Sarah haben gerade in Hamburg eine gemeinsame Firma aufgemacht. Erster Kunde soll der alte Hansen (Horst Janson) werden: Der hanseatische Kaffeeröster möchte sein Kaffeehaus umgestalten. Und weil Konkurrenz das Geschäft belebt, hat er auf Anraten seines Sohnes (Florian Fitz) auch noch Clemens Vogelmann (Roman Knižka) um einen Entwurf gebeten. Der will den Auftrag um jeden Preis, denn Hansen junior hat ganz andere Pläne mit der Immobilie: Sie soll einem Bürohaus weichen, und Vogelmann wäre für die Einrichtung zuständig. Also lässt der Innenarchitekt seinen Charme spielen und wickelt beide Frauen um den Finger; bis Gretchens Jugendfreund (Kai Schumann) dafür sorgt, dass die Scharade auffliegt.
Die Geschichte (Buch: Claudia Kratochvil nach dem gleichnamigen Roman von Anke Greifeneder) lebt vor allem vom Versteckspiel, das die beiden Freundinnen miteinander treiben, denn die jeweils andere darf natürlich keinesfalls von der Liebelei mit Vogelmann erfahren. Reizvoll ist auch der Kontrast zwischen den Frauen: Während die karrierefixierte Gretchen auch als Erwachsene noch trotzig den Gegenentwurf zu ihren Öko-Eltern (Jochen Nickel, Anna Stieblich) auslebt und chronisch pleite ist, weil sie all ihr Geld in Designerkleidung investiert, würde sich die bodenständige Sarah am liebsten nur nachhaltigen Projekten widmen. Entsprechend abwechslungsreich ist die Rolle Knižkas, der sich den beiden wie ein Chamäleon anpasst.
Mitunter investiert die durch den ProSieben-Telenovela-Flop "Lotta in Love" bekannt gewordene Janin Reinhardt ein bisschen viel in Gretchens Mimik, aber andererseits passt ihre immer etwas übertrieben wirkende Exaltiertheit gut zur Rolle (Regie: Nico Zingelmann). Die gleichfalls in täglichen Serien erprobte Josephine Schmidt ("GZSZ", "Anna und die Liebe") ist als aschenputteliger Gegenentwurf eine ausgezeichnete Kontrastfigur. Größerer Einschaltfaktor für die Sat.1-Zielgruppe dürfte dennoch Frauenschwarm Kai Schumann als Gretchens Jugendfreund sein, der angesichts der Hingabe, mit der sich die Frau Clemens Vogelmann an den Hals wirft, im Hintergrund still vor sich hin leidet; bis ihr beim Flaschendrehen endlich die Augen aufgehen.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).