Der mögliche Verkauf der WAZ-Gruppe sorgt für Wirbel
In den vergangenen Tagen sorgen der sich abzeichnende Eigentümerwechsel im Medienkonzern WAZ für Schlagzeilen. Zu dem Unternehmen gehören unter anderem die Westdeutsche Allgemeine Zeitung, die Westfälische Rundschau und Gong. Zusätzlich dazu kursieren zahlreiche Gerüchte, zum Beispiel um den Posten des künftigen Geschäftsführers des Medienkonzerns.
02.09.2011
Von Rosa Legatis

Bislang hält Petra Grotkamp, die Tochter des zweiten WAZ-Gründers Jakob Funke und Ehefrau des langjährigen Verlagschefs Günther Grotkamp, 16,67 Prozent der Unternehmensanteile. Nun will die 67-Jährige auch noch dem anderen Eignerstamm, der Familie Brost, ihre 50 Prozent an dem Verlagshaus abkaufen. Dahinter soll laut der tageszeitung ihr 84-jähriger Ehemann stehen. Dafür will sie immerhin 500 Millionen Euro zahlen. Die sind bereit, auf das Geschäft einzugehen. Sie hätten "kein Interesse am Verlagsgeschäft", schrieb WAZ-Chefredakteur Ulrich Reitz am Dienstag im Blatt.

Mit dem Kauf wolle Petra Grotkamp "klare Gesellschafterstrukturen" schaffen, so die Unternehmerin in einem Statement. Damit solle sichergestellt werden, "dass die WAZ-Mediengruppe auch künftig als Familienunternehmen Erfolg haben kann". Innerhalb des Hauses weckt dieser geplante Schritt offenbar die Hoffnung, dadurch künftig bundesweit wieder eine größere Rolle spielen zu können. Das Familienunternehmen gilt als Europas größter Regionalzeitungsverlag.

Realisierung des Verkaufs unsicher 

Ob es jedoch wirklich zu dem Geschäft kommt, ist noch unklar. Das letzte Wort in dieser Sache hat Essener Anwalt Peter Heinemann, einem Sohn des früheren Bundespräsidenten Gustav Heinemann. Er ist der Testamentsvollstrecker von Erich Brost und müsste dem Verkauf zustimmen. Der Jurist will das Grotkmap-Angebot nun "gründlich prüfen und die testamentarische Verfügung des Erblassers und die Interessen der Enkel abwägen". Ein Experte soll Heinemann dabei unterstützen.

Außerdem soll durch den Eigentümerwechsel mehr Ruhe in den Medienkonzern kommen. Immer wieder waren große Geschäfte in den vergangenen Jahren gescheitert, weil sich die beiden Gesellschaftergruppen des Unternehmens keine Einstimmigkeit erreichen konnten. Die Streitigkeiten wurden teilweise auch gerichtlich ausgetragen. Wie sich die neue Situation künftig auf das Unternehmen auswirken wird, ist unsicher.

Und auch wenn Petra Grotkamp dann die Anteilsmehrheit hätte, ist schon jetzt klar, dass sie diese nicht so ohne weiteres in dem Abstimmungen hätte. Dies machte nun der Sprecher der Eigentümer-Familie Funke, Klaus Schubries in einem Interview mit dem Branchenmagazin W&V klar. Darin betonte er die Sperminorität der Mitgesellschafter, obwohl er grundsätzlich die Übernahme begrüßt. Petra Grotkamp könne ihre bisherigen Funkeanteile nicht einfach mit den Brost-Anteilen zu 66,67 Prozent addieren. "Sie würde zusätzlich zu ihren bisherigen Anteilen die Position der Brost-Seite übernehmen. Die bisherigen Abstimmungsquoren blieben davon aber unberührt. Das ist in den Verträgen der Funke-Familiengesellschaft so festgelegt", so Schubries.

Gerüchte um künftige Geschäftsführung 

Auch wenn sich an der redaktionellen Ausrichtung der Zeitungen nicht ändern wird – das versicherte Petra Grotekamp. An der Geschäftsführung wird der Verkauf nicht spurlos vorüber gehen. Schon durch die Absichten wurden Spekulationen über die Zukunft derzeitige Doppelspitze der WAZ ausgelöst. Medienberichten zufolge will sich Petra Grotkamp von Geschäftsführer Christian Nienhaus trennen. Er ist der aktuelle Vertreter der Funke-Familie in dem Medienkonzern. Dies dementierte der Anwalt der Eigentümerin. "Frau Grotkamp möchte auch in Zukunft erfolgreich mit Herrn Nienhaus zusammenarbeiten". Der von der Familie Brost eingesetzte Geschäftsführer Bodo Hombach würde bei der Übernahme wohl gehen müssen. Laut Medienberichten soll es sogar schon Verhandlungen dazu geben.

Zeitgleich ist Christian Nienhaus negativ in die Schlagzeilen geraten. Laut des Internetportals taz.de hat der Westdeutsche Rundfunk (WDR) angekündigt, gegen ihn rechtliche Schritte einleiten zu wollen. Hintergrund dafür ist ein Interview, dass der WAZ-Geschäftsführer der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) geben hat. Darin hat er unter anderem gesagt: "Im Landtag von Nordrhein-Westfalen wurde Abgeordneten gedroht, wenn sie gegen die Mediengebühr stimmten, würde das in der WDR-Berichterstattung Folgen haben." Dagegen will der WDR rechtlich eventuell vorgehen. Das Interview mit Nienhaus war nicht mit der WAZ-Spitze abgesprochen.


Rosa Legatis arbeitet als freie Journalistin in Hannover.