In einem neuen Appell haben sich vier deutsche Millionäre für höhere Steuern für Vermögende ausgesprochen, darunter auch Popstar Marius Müller-Westernhagen. "Ein paar Prozentpunkte mehr Steuern machen Wohlhabende nicht arm", sagte er der Wochenzeitung "Die Zeit". Es würden sogar alle reicher, wenn die Einnahmen konsequent zur Schuldentilgung genutzt würden und "Zukunft statt Zinsen" schafften. Damit kommt neuer Schwung in eine Debatte, die zuletzt von ähnlichen Initiativen aus den USA und Frankreich befeuert wurde.
So rief Warren E. Buffett, laut Wirtschaftsmagazin Forbes aktuell der drittreichste Mensch der Welt, schon am 14. August in einem Artikel in der New York Times dazu auf, die Reichen nicht länger "zu verhätscheln". Prozentual gesehen, so rechnet er vor, würde er erheblich weniger Steuern zahlen als seine Angestellten. Der Milliardär plädiert für eine schrittweise Erhöhung der Steuern für Vermögende, die im Jahr mehr als eine Million verdienen, gleichzeitig solle für alle anderen die Lohnsteuer sinken. Was in den USA gilt, sehen deutsche Millionäre ganz ähnlich.
Millionäre wollen "Reichensteuer" zahlen
"Ich hätte kein Problem, wenn der Spitzensteuersatz angehoben würde", betont beispielsweise der Hamburger Versandhändler Michael Otto. Das bringe viel mehr, als Diskussionen um eine Vermögenssteuer wieder aufzuwärmen. Neu ist die Debatte über höhere Abgaben für Betuchte nicht: 49 Millionäre fordern seit zwei Jahren vom Staat: Nehmt mehr von unserem Geld! Offizielle Reaktionen auf den Appell gibt es selbst in der Finanzkrise nicht. Dabei sehen Experten ein Steuersystem, das Reiche stärker in die Pflicht nimmt, als den brauchbarsten Weg aus der Schuldenkrise.
Peter Vollmer hat mehr Geld, als er braucht. Der Berliner Millionär hat deshalb schon vor Jahren eine Stiftung gegründet, in die er einen großen Teil seines Geldes steckt. "Es reicht aber nicht, wenn ein paar Gutmenschen so etwas machen", sagt der 71-Jährige. "Alle Reichen sollen einen Beitrag dazu leisten, dass Deutschland sich nicht kaputt spart."
Eine Vermögensabgabe und dann eine dauerhafte Vermögenssteuer fordert Vollmer zusammen mit 48 anderen Millionären, die sich in der Initiative "Vermögende für eine Vermögensabgabe" zusammengeschlossen haben. Jeder mit mehr als 500.000 Euro Vermögen soll zwei Jahre lang fünf Prozent davon als Abgabe an den Staat zahlen. "Das wären zusammen 100 Milliarden Euro", sagt Vollmer. Danach soll die Vermögenssteuer wieder eingeführt werden, die seit 1997 nicht mehr erhoben wird.
Staat verschenkt Geld
"Die Kluft zwischen Arm und Reich nimmt in Deutschland immer mehr zu", sagt Vollmer. Dass der Staat an Sozialleistungen spart, statt mehr Steuern einzunehmen, ist für Vollmer absurd: "Ich zahle immer weniger Steuern. Angefangen habe ich mit 56 Prozent Einkommenssteuer, jetzt sind es 45 Prozent."
Die Millionärsinitiative gründete sich, als 2009 ein einheitlicher Steuersatz für Einkommen aus festverzinslichen Papieren und Sparguthaben eingeführt wurde. "Darauf zahlen wir seitdem nicht mehr die Reichensteuer von 45 Prozent, sondern nur 25 Prozent. Es ist Wahnsinn, wie viel Geld der Staat Wohlhabenden schenkt."
Wie viel Geld sich Deutschland durch Steuerreformen seit dem Jahr 2000 entgehen lässt, haben die Wirtschaftsforscher des gewerkschaftsnahen Düsseldorfer Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) ausgerechnet. "Allein dieses Jahr hätte der Staat 51 Milliarden Euro mehr", sagt IMK-Leiter Gustav Horn. "Profitiert haben von der massiven Senkung des Spitzen- und Unternehmenssteuersatzes überproportional die Besserverdiener."
Staatseinnahmen müssen erhöht werden
Mit dem Ergebnis, dass die Ungleichheit bei Vermögensverteilung wächst: Die obersten zehn Prozent der Bevölkerung besitzen 67 Prozent des Volksvermögens, zeigen die aktuellen Zahlen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).
Und die Staatsschulden wachsen: auf aktuell 1.973 Milliarden Euro. "Es geht kein Weg daran vorbei, die Staatseinnahmen zu erhöhen", sagt Ökonom Horn. "Vor allem dadurch, dass die Vermögenden mehr zahlen."
So sieht das auch DIW-Steuerexperte Stefan Bach. "Würde man alle Vermögen über eine Million Euro mit einem Prozent Steuer belasten, hätte der Staat neun Milliarden Euro jährlich mehr", sagt Bach. Steuerpflichtig wären dann 0,6 Prozent der Bevölkerung. Kombiniert mit moderaten Veränderungen bei Kapitalertrags-, Erbschafts- und Reichensteuer könne der Staat jährlich leicht zwischen zehn und 15 Milliarden Euro der Wohlhabenden kassieren: "Im Vergleich zu anderen Ländern hat Deutschland niedrige Steuern für Reiche; überall in Europa wird jetzt über mehr diskutiert."