Es soll ganz einfach gehen: Ab der zehnten Schwangerschaftswoche kann ein derzeit im Test befindliches Verfahren per Blutprobe bei der Mutter erkennen, ob das ungeborene Kind unter dem Down-Syndrom leidet. Schon zum Jahresende könnte der Bluttest in Deutschland verfügbar sein. Ersetzen soll er die Fruchtwasseruntersuchung, die mit einem Fehlgeburtsrisiko von etwa einem Prozent einhergeht - und in der Regel erst nach der zwölften Schwangerschaftswoche durchgeführt wird, vor der eine Abtreibung noch leichter möglich ist.
Das Bundesforschungsministerium hat das Projekt mit bis zu 300.000 Euro gefördert. Gefördert wird hiermit auch ein genetischer Check, der nach Ansicht von Kritikern eine Selektion möglich macht.
In der Union ist darüber ein Streit ausgebrochen: Der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Rachel (CDU) verteidigt die Förderung als "Fortschritt für die Gesundheit von Mutter und Kind", weil die Fruchtwasseruntersuchung beide gefährde. Der Behindertenbeauftragte Hubert Hüppe (CDU) spricht hingegen von einer "Rasterfahndung", um Behinderte auszusortieren und zu töten.
Der neue Test könnte Routine werden
Gerade erst hatten die Parlamentarier nach langer Debatte entschieden, die Präimplantationsdiagnostik (PID) in Ausnahmefällen zuzulassen - also einen Gentest an im Reagenzglas gezeugten Embryonen. Dies betrifft nur einige hundert Paare. Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) sprach sich für ein Verbot aus. Mit dem Bluttest der zuständigen Firma "LifeCodexx" könnte nun ein Gentest bei werdenden Müttern zur Routine werden, befürchtet Robert Antretter, der Bundesvorsitzende der Lebenshilfe.
Tatsächlich erlaubt das neue Diagnoseverfahren, das Erbgut des Fötus, das auch im mütterlichen Blut vorkommt, zu analysieren. LifeCodexx spricht von einem "revolutionären Konzept". Dieses dürfte in absehbarer Zeit auch bei anderen genetisch bedingten Erkrankungen anwendbar sein. Derzeit entwickelt LifeCodexx einen ähnlichen Test zur Erkennung der Präeklampsie, einer für Mutter und Kind lebensgefährlichen Bluthochdruckerkrankung, die ebenfalls per DNA-Analyse erkannt werden soll. Gefördert wird das Projekt ebenfalls vom Bundesforschungsministerium mit einer halben Million Euro bis 2012.
Der Bundesvorsitzende der Lebenshilfe, Robert Antretter, wirft dem Bundesforschungsministerium wegen dieser Förderung eine Abkehr von seinen Werten vor. Im Ministerium fehle "ein Stückweit das Sensorium dafür, was in dieser Gesellschaft durch medizinischen Fortschritt auf dem Spiel steht", sagte Antretter in Berlin. Es müsse bei der Bundesregierung der ethische Ansatz gelten, dass nichts unternommen werde, was den Schutz und die Achtung Behinderter gefährde, sagte Antretter.
Antretter hält es für problematisch, dass Trisomie 21 immer noch als schwere Behinderung gelte. Das mache es manchen leichter, eine Schwangerschaft abzubrechen. Dabei seien die Förder- und Entwicklungsmöglichkeiten für Menschen mit Down-Syndrom besser denn je. "Wir brauchen mehr Verbündete, damit das nicht in den Hintergrund gerät", sagte er.
Der Abbruch wäre trotz Verbot leicht möglich
Nach Paragraf 218 des Strafgesetzbuches darf ein Kind zwar nicht wegen einer zu erwartenden Behinderung abgetrieben werden. Darauf weist auch Staatssekretär Rachel hin: Die mögliche Anwendung des Verfahrens entbinde nicht von der Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften, betont Rachel. Bis zur zwölften Woche können Frauen jedoch nach einer Beratung und einer Bedenkzeit von drei Tagen abtreiben. Wird der Test also früher genutzt, wäre ein Abbruch verhältnismäßig einfach möglich.
Später ist ein Abbruch nur rechtmäßig, um "eine Gefahr für das Leben oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen und seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren" zu vermeiden. Eine Gefahr für den seelischen Gesundheitszustand der Schwangeren bescheinigen Ärzte aber in der Regel auch jetzt schon, wenn die schwangere Frau ein behindertes Kind erwartet und ihr ein Leben damit nicht möglich erscheint.