UN-Chef fordert schnelle Hilfe für Libyen
Die libyschen Rebellen machen Druck: Bis Samstag sollen sich die Anhänger des untergetauchten Diktators Gaddafi ergeben, sonst sei weiteres Blutvergießen unvermeidlich. Angesichts der humanitären Lage fordern die UN schnelles Handeln.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat die internationale Gemeinschaft zu schneller Hilfe für Libyen aufgefordert. Die humanitäre Situation erfordere dringendes Eingreifen, sagte er in New York. Unterdessen brachte Frankreich eine Beobachtermission ins Spiel, an der sich auch Deutschland beteiligen könne. Nach Rebellenangaben kamen seit Beginn des Aufstandes gegen das Gaddafi-Regime vor sechs Monaten mindestens 50 000 Menschen ums Leben. Die Aufständischen stellten den verbliebenen Anhängern des untergetauchten Diktators ein Ultimatum, sich bis Samstag zu ergeben. Ansonsten droht eine blutige Entscheidungsschlacht.

Ban forderte "schnelles und entschiedenes Handeln". "Das Leiden der Bevölkerung muss ein Ende haben", betonte der UN-Chef am Dienstag (Ortszeit) vor dem UN-Sicherheitsrat. Besonders wichtig sei die Wasserversorgung, da geschätzte 60 Prozent der Bevölkerung ohne sanitäre Versorgung sei.

Rebellen zählen 50.000 Todesopfer seit Beginn der Kämpfe

Bei der von ihm vorgeschlagenen Beobachtermission gehe es nicht um militärische Hilfe, sagte Frankreichs Außenminister Alain Juppé der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Mittwoch). "Man wird Beobachter nach Libyen entsenden müssen. Es braucht eine Wiederaufbautruppe, aber keine Interventionstruppe." Frankreich "wäre froh darüber", wenn Deutschland sich an einer Beobachtermission beteiligte, sagte Juppé.

Der Übergangsrat der Aufständischen steht einer solchen Mission nach UN-Angaben aber ablehnend gegenüber. "In unseren Gesprächen mit dem NTC (Übergangsrat) wird ganz deutlich, dass die Libyer jede Art eines militärischen Einsatzes durch die UN oder andere verhindern möchten", sagte der Libyen-Sondergesandte Ian Martin am Dienstag in New York.

Bei den von den Rebellen genannten 50.000 Todesopfern seit Beginn des Aufstandes gegen das Regime von Muammar al-Gaddafi handele es sich sowohl um getötete Kämpfer als auch um Zivilisten. Die Zahl setzte sich aus eigenen Zählungen in den Kampfgebieten sowie Angaben von Organisationen wie dem Roten Kreuz zusammen, sagte Rebellenkommandeur Hischam Abu Hadscher dem US-Sender CNN.

Letzte Gaddafi-Hochburg unter Beschuss

Der Übergangsrat gibt den Truppen von Ex-Machthaber Muammar al-Gaddafi bis Samstag Zeit, die Waffen niederzulegen. "Länger können wir nicht warten", sagte der Chef des Rates, Mustafa Abdul Dschalil, am Dienstag in Bengasi. Um ein Blutvergießen zu vermeiden, sollten sie Gaddafis Heimatstadt Sirte friedlich übergeben. "Wir können die Situation militärisch lösen, aber das wollen wir nicht", sagte er. Auch in den wenigen anderen verbliebenen Hochburgen sollten sich die letzten Gaddafi-Getreuen ergeben.

Am Dienstag hielten Kämpfer der ehemaligen Regierungstruppen noch Sirte sowie die Wüstenstadt Sebha im Zentrum des Landes. Nato-Kampfflugzeuge nahmen die letzten Gaddafi-Hochburgen erneut unter Beschuss. Zahlreiche Militäreinrichtungen in Sirte und in Bani Walid seien Ziel von Angriffen gewesen, teilte die Nato mit.

Unterdessen ist Gaddafis Sohn Al-Saadi nach Berichten des arabischen Senders Al-Dschasira angeblich bereit, sich den Rebellen zu ergeben. Dies habe der für Tripolis zuständige Rebellenkommandeur Abdelhakim Belhadsch gesagt, meldete der Sender am Dienstagabend. Demzufolge habe Al-Saadi Gaddafi in einem Telefonat mit Belhadsch über die Möglichkeit, sich zu ergeben, gesprochen. Der Gaddafi-Sohn wolle Libyen nicht verlassen und suche Kontakt zum Übergangsrat, um zu verhandeln, habe Belhadsch erklärt. Anhand des Telefonanrufs glaube er auch zu wissen, wo Al-Saadi Gaddafi sich aufhalte.

Italienische Medien hatten berichtet, dass sich Al-Saadi Gaddafi zusammen mit seinem Vater nach wie vor in Libyen aufhalte und in der Wüstenstadt Bani Walid untergetaucht sei. Dagegen hatten sich Gaddafis Frau Safija, die Söhne Hannibal und Mohammed sowie die Tochter Aischa nach Algerien abgesetzt.

Die ohnehin angespannten Beziehungen zwischen den Aufständischen in Libyen und dem Nachbarland Algerien hatten sich dadurch weiter verschlechtert. Der Übergangsrat forderte von Algerien die Auslieferung der Familie Gaddafis.

 

dpa