Die Übergangsrat der Aufständischen in Libyen verlangt vom Nachbarland Algerien die Auslieferung von Familienmitgliedern Gaddafis, deren Flucht aus Libyen am Vortag offiziell bestätigt wurde. Die Aufnahme der Frau und mehrerer Kinder des untergetauchten libyschen Diktators sei ein "Akt der Aggression", sagte der Informationsminister der Übergangsregierung, Mohammed Schammam, am Montagabend: "Wir werden alle rechtlichen Mittel ausschöpfen, um diese Kriminellen zurückzubekommen und sie vor Gericht zu stellen."
Zugleich warnte Schammam laut einem Bericht des arabischen Nachrichtensenders Al-Dschasira davor, Gaddafi selbst Unterschlupf zu gewähren. Jeder, der dies versuche, sei ein "Feind des libyschen Volkes".
Gaddafis Frau Safija, die Söhne Hannibal und Mohammed sowie die hochschwangere Tochter Aischa waren nach Angaben des algerischen Außenministeriums am Montag in Algerien eingetroffen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und die libysche Übergangsregierung seien davon unterrichtet worden, berichtete die algerische Nachrichtenagentur APS unter Berufung auf das Ministerium. Die algerische Zeitung "El Watan" berichtete, Algerien wolle nun die Grenze zu Libyen schließen.
Gaddafi selbst ist noch auf der Flucht
Über den Aufenthaltsort Gaddafis gibt es weiterhin keine gesicherten Erkenntnisse. Der Ex-Diktator soll noch in Libyen sein. Nach einem Bericht der italienischen Nachrichtenagentur Ansa ist er in Bani Walid untergetaucht. Gaddafi sei mit seinem Sohn Al-Saadi zusammen, meldete die Agentur unter Berufung auf "diplomatische libysche Quellen". Gaddafis Sohn Chamis, der eine Eliteeinheit seines Vaters gegen die Rebellen kommandierte, sei mit höchster Wahrscheinlichkeit während des Rückzugs auf der Straße nach Bani Walid erschossen worden.
Der Rebellenvormarsch auf die Geburtsstadt Gaddafis kommt unterdessen nur langsam voran. Die Übergangsregierung in Tripolis verhandelt weiter mit Stammesführern in Sirte über eine friedliche Übergabe der Stadt. Nach Einschätzung der militärischen Führung könnte es noch zehn Tage dauern, bis die Rebelleneinheiten Sirte erreicht haben.
Nato-Kampfflugzeuge nehmen derweil die letzten Hochburgen des untergetauchten libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi unter Feuer. Zahlreiche Militäreinrichtungen in Sirte und in Bani Walid seien Ziel von Angriffen gewesen, teilte die Nato am Dienstag mit.
Gesellschaft für bedrohte Völker berichtet von Übergriffen auf Afrikaner
Die Nato zerstörte nach eigenen Angaben in der Nähe von Sirte in Tagesfrist 3 Kommandozentralen, 4 Radaranlagen, 22 bewaffnete Fahrzeuge, 2 Versorgungsfahrzeuge, 1 Leitstand und 2 Raketenstellungen. In Bani Walid habe man zwei Kommandozentralen und ein Munitionslager getroffen. Insgesamt seien binnen 24 Stunden 42 Kampfeinsätze geflogen worden. Bani Walid - etwa 100 Kilometer südöstlich von Tripolis - gilt als eines der mögliche Verstecke Gaddafis.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat den Übergangsrat aufgefordert, im Land lebende Afrikaner besser vor Übergriffen zu schützen. Es sei in den vergangenen Tagen zu zahlreichen Übergriffen auf afrikanische Migranten gekommen, teilte die Organisation am Dienstag in Göttingen mit. Gaddafi-Gegner hätten Dutzende Afrikaner festgenommen und verschleppt. "Die Gefangenen haben sich nicht an den Kämpfen beteiligt, werden jedoch auf Grund ihrer Hautfarbe fälschlich für Söldner Gaddafis gehalten", sagte GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius.