Frieling rudert zurück: "Mit, aber nicht unter dem Papst"
Der Papst kann in außergewöhnlichen Situationen im Namen der gesamten Christenheit sprechen - so präzisiert der evangelische Ökumene-Experte Reinhard Frieling seine Aussagen zum Ehrenprimat des Papstes. Dies dürfe aber nur in Absprache mit den anderen christlichen Kirchen erfolgen.
29.08.2011
Von Stephan Cezanne

Er hoffe auf eine Gemeinschaft "mit, aber nicht unter dem Papst", sagte Frieling knapp vier Wochen vor dem Besuch von Benedikt XVI. in Deutschland. Der langjährige Leiter des Konfessionskundlichen Instituts der evangelischen Kirche im hessischen Bensheim präzisierte damit frühere Medienberichte. "Der Papst kann um der Einheit der Kirche willen auf historisch gewachsene Rechte verzichten", forderte der emeritierte Marburger Theologieprofessor. Mit einem gemeinsamen Ehrenoberhaupt würde das Christentum seine Botschaft glaubwürdiger vertreten "als eine in Tausende Kirchen gespaltene Religion."

So müsse der Papst als "Diener der Einheit" erlauben, dass sich Protestanten und Katholiken gegenseitig zum Abendmahl einladen. Frieling: "Meine zentrale Voraussetzung für eine Sprecherrolle des Bischofs von Rom ist ja die Forderung, der Papst müsse feierlich erklären, dass die Dogmen des I. Vatikanum über die Unfehlbarkeit und den Jurisdiktionsprimat nicht für die anderen Christen und Kirchen gelten." Die Dogmen wurden am 18. Juli 1870 während des Ersten Vatikanischen Konzils in Rom verkündet. Danach hat der Papst die höchste Rechtsgewalt in der Kirche.

Dialoge führen statt Audienzen halten

Wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, könne der Papst "als Oberhaupt der großen römisch-katholischen Kirche und mit dem Selbstverständnis, für die Einheit der Kirche besonders verantwortlich zu sein, Initiativen für die Gesamtkirche ergreifen", sagte der 75-jährige Frieling. Die gesamte Christenheit würde es Frieling zufolge begrüßen, wenn angesichts der realen Größen- und Einflussverhältnisse der Bischof von Rom wirklich allen dient.

Frieling äußerte die Hoffnung auf "einen Diener der Einheit", der eine versöhnte Verschiedenheit der Kirchen anerkennt und mehr Dialoge "führt und versöhnt, als dass er Audienzen gewährt". So könne der Papst auch gemeinsam mit den Oberhäuptern der anderen Kirchen Initiativen zu einem gemeinsamen universalen ökumenischen "panchristlichen" Welt-Kirchentag oder Konzil ergreifen.

Der Papst besucht vom 22. bis 25. September Deutschland. Stationen seiner Reise sind unter anderem Berlin und Freiburg. Neben päpstlichen Messen sind eine Rede vor dem Deutschen Bundestag und eine Begegnung mit Vertretern der Evangelischen Kirche in Deutschland im Erfurter Augustinerkloster geplant.

 

epd