Bernankes Rede beruhigt die US-Märkte
Das hatte sich mancher anders vorgestellt: Statt neue Initiativen zur Stützung der lahmen US-Wirtschaft anzukündigen, setzt Fed-Chef Bernanke vorerst noch auf Abwarten. Zugleich fiel das US-Wachstum im zweiten Quartal dünner aus als zunächst gedacht. Trotzdem reagierten die Märkte positiv auf Bernankes Rede.

US-Notenbankchef Ben Bernanke will die schlappe amerikanische Konjunktur notfalls erneut geldpolitisch stützen, sieht die Zeit dafür aber noch nicht reif. Die Zentralbank wolle zunächst kommende Wirtschaftsdaten abwarten und bei ihrer nächsten Sitzung im September über mögliche Schritte beraten, sagte Bernanke am Freitag in einer mit Spannung erwarteten Rede in Jackson Hole (US-Staat Wyoming). Zugleich räumte er ein, dass die Erholung der größten Volkswirtschaft deutlich schwächer verläuft als erhofft. Auf längere Sicht zeigte sich der Fed-Chef jedoch optimistischer.

Wie zum Beweis für die derzeitigen Probleme korrigierte das Handelsministerium das Wachstum für das zweite Quartal am Freitag deutlich nach unten. Das Bruttoinlandsprodukt legte in diesem Zeitraum aufs Jahr gerechnet lediglich um 1,0 Prozent zu. Zuvor war von 1,3 Prozent die Rede gewesen. Im ersten Quartal hatte die Wirtschaft sogar nur um 0,4 Prozent zugelegt. Das Wachstum im ersten Halbjahr war damit das schwächste seit Beginn der Erholung Mitte 2009.

Bernanke: Zentralbank "steht bereit"

Bernanke ließ indes keinen Zweifel an seiner Entschlossenheit zum Eingreifen. Die Zentralbank "steht bereit, seine Instrumente je nach Lage einzusetzen, um unter Berücksichtigung der Preisstabilität eine stärkere Erholung zu fördern". Bernanke unterstrich, dass der Federal Reserve "eine Reihe Werkzeuge" zur Verfügung stünden, die Wirtschaft geldpolitisch zu stützten. Der Notenbankchef äußerte sich aber nicht konkret, welche der denkbaren Instrumentarien er bevorzugen würde.

Manche Marktteilnehmer hatten gehofft, Bernanke würde sich in Jackson Hole zu konkret geplanten Maßnahmen äußern, um der Wirtschaft und auch den Aktienmärkten neuen Schub zu verleihen. Bei derselben Veranstaltung der Federal Reserve hatte er voriges Jahr die zweite Runde milliardenschwerer Anleihekäufe angekündigt. Das Programm, bei dem die Fed zwischen November 2010 und Juni für 600 Milliarden Dollar Staatstitel erworben hatte, beflügelte die Börsen damals enorm.

Bild links: US-Notenbank-Chef Ben Bernanke. Foto: dpa

Es wird darüber spekuliert, dass die Federal Reserve angesichts der lauen Konjunktur eine dritte Runde der so genannten Quantitativen Lockerung ("Quantitative Easing", kurz QE3) einläuten könnte, um auf diese Weise die langfristigen Zinsen zu drücken. Als weitere Maßnahmen wären denkbar, dass die Fed fällige Wertpapiere in langlaufende Staatsanleihen umzuschichtet, um denselben Effekt zu erreichen. Dabei bleibe allerdings die Bilanzsumme der Zentralbank unverändert. Eine andere Möglichkeit ist, den Zinssatz zu senken, den Geschäftsbanken auf ihre Einlagen bei der Zentralbank zahlen müssen.

Bernanke räumte in seiner Rede ein, dass die bisherige Erholung der US-Wirtschaft "weit weniger robust" sei als zunächst erhofft. "Wir mussten erfahren, dass die Rezession tiefer und die Erholung schwächer war als wir dachten." Allerdings zeigte er sich hoffnungsvoll, dass das Wachstum in der zweiten Jahreshälfte endlich an Fahrt gewinnt.

Optimistische Töne mit Blick auf die Zukunft der US-Wirtschaft

Optimistischere Töne schlug der Zentralbankchef mit Blick auf die langfristigen Aussichten für die US-wirtschaft an. "Die Grundlagen des Wachstum scheinen sich durch die Schocks der vergangenen vier Jahre nicht dauerhaft verändert zu haben", sagte er. Zwar könne es einige Zeit dauern. "Aber wir können eine Rückkehr zu Wachstumsraten und einer Beschäftigung erwarten, die diesen Grundlagen entsprechen."

Die US-Börsen reagierten positiv auf Bernankes Aussagen. Der Dow Jones war am Freitag im Minus gestartet, hatte die Abschläge nach der Rede Bernankes zunächst sogar noch ausgebaut, sich dann aber deutlich in die Gewinnzone vorgearbeitet. Am Ende stand ein Plus von 1,21 Prozent auf 11.284,54 Punkte zu Buche. Insgesamt beträgt das Wochenplus damit 4,31 Prozent. Insgesamt liegt der Dow aber trotz der jüngsten Kurserholung noch immer mehr als elf Prozent unter seinem Stand von Ende Juli, als die Talfahrt an den Börsen begonnen hatte.

Der Zentralbankchef äußerte sich indes ungewöhnlich kritisch über das politische Gezerre um das US-Schuldenlimit vor einigen Wochen. "Dem Land wäre mit einem besseren Prozess zur haushaltspolitischen Entsscheidungsfindung gut gedient", sagte er. Ein ähnliches Verhalten in der Zukunft könnte "die Bereitschaft von Investoren rund um den Globus ernsthaft gefährden, US-Vermögenswerte zu halten oder direkt in US-Firmen zu investieren, die Jobs schaffen", mahnte er.

dpa