Zum Abschluss des Prozesses gegen den mutmaßlichen kongolesischen Kriegsverbrecher Thomas Lubanga vor dem Internationalen Strafgerichtshof sieht die Anklage die Schuld des Ex-Rebellenführers bewiesen. Lubanga (50) habe den Einsatz von Kindersoldaten für seine Rebellenorganisation geplant und organisiert, sagte die stellvertretende Chefanklägerin Fatou Bensouda in ihrem Schlussplädoyer am Donnerstag in Den Haag. "Lubanga machte aus den Jungen Killer, Mädchen bot er seinen Kommandanten als Frau an und machte sie so zu Sexsklaven."
Im ersten Prozess vor dem Internationalen Strafgerichtshof hält die Verteidigung ihre Plädoyers am Freitag. Lubanga bestreitet die Vorwürfe. Die Anklage will eine harte Strafe für Lubanga fordern. Das Urteil wird für Anfang 2012 erwartet. Das Strafmaß wird nach der Urteilsverkündung festgelegt.
"Sie mussten kämpfen, töten, vergewaltigen und plündern."
Nach Auffassung der Anklage war Lubanga Gründer und Präsident der Rebellenorganisation "Union der Kongolesischen Patrioten" (UCP). Als Kommandant der UCP-Miliz "Patriotische Kräfte für die Befreiung des Kongo" verantworte er den systematischen Missbrauch von Kindern während der militärischen Kämpfe in der nordkongolesischen Provinz Ituri 2002 und 2003. Hunderte von Kindern unter 15 Jahren habe Lubanga verschleppt, sagte Bensouda.
"Die von der Anklage vorgelegten Beweise belegen die Schuld Lubangas ohne jeden Zweifel", betonte sie. In dem Verfahren, das im Januar 2009 begann, bot die Anklage 35 Zeugen auf, darunter ehemalige Vertraute des Rebellenführers und sieben ehemalige Kindersoldaten, sowie Ton- und Bilddokumente. Die Kinder wurden Bensouda zufolge in etwa 20 Lagern trainiert, misshandelt und gefoltert. "Sie mussten kämpfen, töten, vergewaltigen und plündern."
Die Milizen hätten Kinder aus Häusern, Schulen und von Fußballplätzen in Militärlager verschleppt, sagte die Anklägerin. Dort seien sie mit Gewalt und Drogen zum Kämpfen gezwungen worden. An den Kämpfen im Kongo waren nach Angaben der Anklage schätzungsweise 30.000 Kindersoldaten beteiligt.
Zwei weitere kongolesische Warlords vor Gericht in Den Haag
Nach Ansicht von Menschenrechtsorganisationen ist der Lubanga-Prozess ein deutliches internationales Signal gegen den Einsatz von Kindersoldaten in bewaffneten Konflikten. Der Strafgerichtshof wurde allerdings dafür kritisiert, dass Lubanga nicht auch wegen Mord, Vergewaltigung und Folter angeklagt wurde.
Wegen Verfahrensfragen hatte sich die Eröffnung des Prozesses um fast zwei Jahre verzögert. Lubanga war im März 2006 im Kongo verhaftet und dem Gericht in Den Haag überstellt worden. Noch im vergangenen Jahr drohte der Prozess zu scheitern. Chefankläger Moreno Ocampo hatte sich zunächst geweigert, der Verteidigung die Namen aller Zeugen zu nennen. Ein Antrag der Verteidigung auf Einstellung des Verfahrens wurde allerdings abgewiesen.
Der Strafgerichtshof ist das erste ständige internationale Tribunal zur Verfolgung von Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord. Das Gericht wird von bislang 115 Staaten getragen und nahm 2002 seine Arbeit auf. Die USA, China und Russland sind keine Vertragspartei.
Wegen Kriegsverbrechen im Kongo müssen sich zur Zeit zwei weitere ehemalige Warlords in Den Haag verantworten. Zudem ist der frühere Vizepräsident des Kongo, Jean-Pierre Bemba, wegen Kriegsverbrechen in der Zentralafrikanischen Republik in seiner Zeit als Rebellenführer angeklagt.
Ermittlungsverfahren wurden bisher auch zu Verbrechen in den vier weiteren Ländern Uganda, Sudan, Kenia und Libyen eingeleitet. Für Aufsehen und Kritik sorgten die internationalen Haftbefehle gegen Sudans Präsident Omar Hassan al-Baschir und den libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi.