"Einsatz in Hamburg: Der Tote an der Elbe", 27. August, 20.15 Uhr, ZDF
Natürlich stehen die Filme aus den Samstags-Krimireihen des ZDF immer auch für sich selbst. Aber es ist ein sympathischer Zug der Redaktion und der Autoren, die jeweiligen Fans immer wieder mal mit kleinen Insider-Späßen zu erfreuen. In der Folge "Der Tote an der Elbe" zum Beispiel wirkt ein Produzent von Pornofilmen mit. Allerdings bevorzugt Rolf Bernstein (Gustav Peter Wöhler) die Bezeichnung "Erwachsenen-Entertainment". Nicht nur Jenny Berlin erinnert sich an Bernstein: Der ist eigentlich Psychologe, hat früher fürs Jugendamt gearbeitet und in der Episode "Tödliches Vertrauen" schüchtern, aber sehr sympathisch mit der Kommissarin geflirtet. Deshalb kommt er bei der Suche nach dem Mörder eines Privatdetektivs auch nicht ernsthaft als Täter in Betracht. Vor seinem Ableben pflegte sich das Opfer abendlich per Teleobjektiv an den Dreharbeiten im Haus gegenüber zu erfreuen, bis Bernstein die Filmkamera und damit den Spieß rumdrehte. Deshalb müssen Berlins Kollegen Wolfer (Hannes Hellmann) und Brehm (Volker Strecker) nun stundenlang pornografisches Material sichten: Noch in der Mordnacht ist die Wohnung des Detektivs durchsucht worden; die Ermittler hoffen, dass der Mörder irgendwann im Hintergrund der Filmbilder auftaucht.
Aber das ist nur die eine Seite dieses sehenswerten Krimis. Protagonisten der zweiten Erzählebene sind die Mitglieder einer vornehmen Hamburger Juweliersdynastie. Markenzeichen des Traditionshauses sind zwei Ringe, und dieses Logo hat der Tote mit letzter Kraft und eigenem Blut auf die Windschutzscheibe gemalt.
Die Fassade bröckelt
Tatsächlich stellen Jenny Berlin und ihre Kollegen Ermittler rasch fest, dass die ehrenwerte Fassade auf einem längst verrotteten Fundament steht. Der Patriarch (Rüdiger Vogler) verdächtigt seinen designierten Schwiegersohn (Max Urlacher), synthetische Diamanten ins Land zu schmuggeln und in der Firma gegen echte Steine auszutauschen. Der junge Mann ist bloß Flugbegleiter, die Heirat wäre also ohnehin nicht standesgemäß. Der süchtige Sohn (David Rott) vegetiert in einem zur Privatklinik umgewandelten Wohnhaus mit eigenem Bodyguard (Diego Wallraff) vor sich hin. Und Tochter Teresa (Astrid Leberti) ist einst entführt worden, ohne dass die Polizei je davon erfahren hat. Sie alle treffen sich zum Finale wieder, denn einem von ihnen ist der Privatdetektiv auf die Schliche gekommen.
Mindestens so gut wie die Geschichte, deren Komplexität sich erst mit zunehmender Dauer erschließt, sind die Dialoge zwischen dem Ermittler-Team. Auch für diese Ebene haben sich die Autoren (Lorenz Lau-Uhle, Sathyan Ramesh) diverse kleine Spitzen und originelle Gesprächsthemen einfallen lassen. Und weil die Darsteller ausnahmslos ausgezeichnet sind (Regie: Thomas Jahn, "Knockin' On Heaven's Door"), stört es auch nicht weiter, dass die Geschichte am Ende zur Räuberpistole wird und der Täter so lange seine Motive erläutern muss, bis endlich die Polizei kommt.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).