Kriminologe: Autobrandstifter sind gescheiterte Existenzen
Wieder brannten vergangene Nacht drei Autos in Berlin. Nach Einschätzung des Kriminologen Christian Pfeiffer sind die Täter Menschen, die unter ihrer eigenen Ohnmacht leiden. Die Aufmerksamkeit für die Täter im Berliner Wahlkampf hält Pfeiffer für einen Fehler.

Der Staatsschutz prüfe mögliche politische Hintergründe für die neuen Taten, teilte die Polizei mit. In den Nächten zuvor waren jeweils rund ein Dutzend Fahrzeuge durch Brandstiftungen beschädigt worden, teilweise bis zu 20. Seit der Nacht zum Dienstag unterstützt die Bundespolizei ihre Berliner Kollegen. Auch in Düsseldorf gingen am Mittwochmorgen fünf Autos in Flammen auf. Nach Angaben der Polizei waren alle älteren Baujahres. Vor dem Hintergrund der Autobrände in Berlin geht die Polizei nach ersten Ermittlungen zwar von Brandstiftung aus, vermutet aber einen Trittbrettfahrer dahinter. Der Staatsschutz prüfe aber auch hier mögliche politische Hintergründe.

Politische Ziele verfolgten die meist jugendlichen Täter beim Anzünden von Autos nicht, sagt der Kriminologe Christian Pfeiffer der Koblenzer "Rhein-Zeitung" (Mittwochsausgabe). "Die Täter sind Menschen, die wenig Selbstwirksamkeit erfahren konnten, die im Alltag wenig Erfolg haben oder gescheitert sind." Ihr "blinder Aktionismus" gebe ihnen ein Gefühl von Macht.

Polizei: "Entdeckungsrisiko muss so groß wie möglich sein" 

Dass sich Fälle in Großstädten wie Berlin und Hamburg häufen, erklärte der Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen damit, "dass beide Städte starke Subkulturen haben, die Staat und bürgerlicher Gesellschaft sehr fern stehen oder sie sogar ablehnen". Nachahmer seien zudem durch die Bilder der Ausschreitungen in London auf den Plan gerufen worden. In Berlin werden seit Tagen nachts Autos in Brand gesteckt.

Weil die Brandstifter im Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit stehen wollten, rät Pfeiffer, den Taten in Deutschland möglichst wenig öffentliche Aufmerksamkeit zu schenken. "Es war ein großer Fehler, dass die Berliner Parteien es zum Wahlkampfthema gemacht haben", kritisiert der Experte.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) verlangt derweil einen "massiven Einsatz von Polizeikräften und eine hohe Präsenz". Das Entdeckungsrisiko für die Täter müsse so groß wie möglich sein, sagte der Vize-Vorsitzende der GdP, Frank Richter, der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Mittwochsausgabe). Dann könne die Polizei die Serie der Autobrände in Deutschland stoppen.

 

dpa/epd