Luftangriffe auf Gazastreifen - Raketen auf Israel
In einer neuen Runde der Gewalt zwischen Israelis und Palästinensern hat es in der Nacht zu Freitag einen Toten und mehrere Verletzte gegeben. Am Donnerstag hatten Attentäter nahe der Stadt Eilat am Roten Meer in koordinierten Attacken Busse und Autos angegriffen.

Nachdem Terroristen am Vortag acht Israelis im Süden des Landes getötet und 31 verletzt hatten, griff die israelische Luftwaffe nach Angaben einer Armeesprecherin im Laufe der Nacht insgesamt sieben Ziele im Gazastreifen an. Dabei starb nach palästinensischen Angaben ein 13-jähriger Junge. Weitere 18 Menschen wurden verletzt.

Unterdessen feuerten Extremisten aus dem Gazastreifen mindestens zehn Raketen Richtung Israel ab. Eines der selbst gebauten Geschosse sei am Morgen in eine Synagoge in der Hafenstadt Aschdod eingeschlagen, teilte die Armee mit. Drei Menschen seien verletzt worden. Die anderen Raketen schlugen nach diesen Angaben auf freiem Feld ein.

Am Vortag hatte die israelische Luftwaffe nur wenige Stunden nach den Anschlägen im Süden bereits ein Haus in Rafah im Gazastreifen bombardiert. Dabei wurden nach palästinensischen Angaben sechs Menschen getötet, darunter auch der Chef der besonders extremen Organisation "Volkswiderstands-Komitees" (PRC), Awab Airab.Die Identität der Täter war zunächst unklar. Israel gab Ägypten und der im Gazastreifen herrschenden radikalislamischen Hamas-Organisation eine Mitschuld. Beide wiesen die Vorwürfe zurück.

Ehud Barak gibt Ägypten eine Mitschuld an den Anschlägen

Bei den Angriffen am Donnerstag handelte es sich um den verheerendsten Terroranschlag in Israel seit dem 6. März 2008. Damals tötete ein arabischer Attentäter acht Studenten in einer jüdischen Religionsschule in Jerusalem. Die Serie von Anschlägen trifft Israel mitten in der touristischen Hochsaison. In der Urlauberhochburg Eilat am Roten Meer verbringen im August zehntausende Menschen aus aller Welt ihre Ferien. Die südisraelische Stadt galt bislang als sicher.

Ersten Erkenntnissen zufolge setzten die Attentäter auch panzerbrechende Waffen und Mörser ein, sagte Armeesprecher Joab Mordechai im Rundfunk. Wie die Armee weiter mitteilte, wurden mehrere Menschen getötet und verletzt, als ein Armeefahrzeug über eine Sprengfalle fuhr. Nach Informationen der israelischen Tageszeitung "Haaretz" sollen Angreifer auch eine Mörsergranate von Ägypten aus abgefeuert haben. Sie sollen außerdem ein Fahrzeug mit einer Panzerabwehrgranate beschossen haben. Ein Bestätigung dieser Angaben durch die Armee lag zunächst nicht vor.

Verteidigungsminister Ehud Barak gab Ägypten eine Mitschuld an den Anschlägen. "Die Angriffe sind ein Beweis für die mangelnde Kontrolle der Ägypter auf der Sinai-Halbinsel und das Erstarken terroristischer Gruppen dort", hieß es in einer Erklärung des Verteidigungsministeriums in Tel Aviv. Die Drahtzieher der Anschläge säßen aber im Gazastreifen, schrieb Barak weiter. Israel werde mit aller Härte und Entschiedenheit reagieren. Der Gouverneur der Provinz Süd-Sinai, Chalid Foda, sagte, es seien keine Extremisten über die Grenze von Ägypten nach Israel eingedrungen. Es habe auch niemand von ägyptischem Boden aus auf Menschen in Israel gefeuert. Nach Einschätzung eines anderen Spitzenbeamten ist es durchaus denkbar, dass militante Islamisten durch den Grenzzaun nach Israel gelangt seien.

Hamas: Wir preisen die Attentäter

Die im Gazastreifen herrschende radikalislamische Hamas-Organisation wies jegliche Tatbeteiligung zurück. "Ich glaube nicht, dass Hamas hinter den Angriffen steht", sagte das führende Hamas-Mitglied Ahmed Jussef. "Aber wir preisen die Attentäter, denn sie haben israelische Soldaten angegriffen", fügte Jussef hinzu. Israel greife den Gazastreifen "täglich" an.

Die bislang unbekannten Attentäter griffen den Medienberichten zufolge zuerst um 11 Uhr MESZ einen voll besetzten Reisebus an. Als sie aus automatischen Waffen das Feuer eröffneten, habe der Fahrer Gas gegeben, um den Attentätern zu entkommen, berichtete das israelische Fernsehen. An Bord des Busses seien viele Soldaten gewesen, die ihr freies Wochenende in Eilat verbringen wollten. Anschließend sei ein israelisches Fahrzeug in unmittelbarer Nähe zur ägyptischen Grenze mit panzerbrechenden Waffen beschossen worden. Dabei seien fünf Menschen verletzt worden, berichteten Radiosender. Bei einem dritten Zwischenfall sei ein weiterer Bus beschossen worden. Im Fernsehen war ein Auto mit zerschossenen Seitenscheiben zu sehen.

Die Küstenstadt Eilat ist Israels einziger Zugang zum Roten Meer. Sie ist die südlichste Stadt des Landes und liegt am Rand eines nur zwölf Kilometer breiten Küstenstreifens. Dieser grenzt im Westen an die ägyptischen Halbinsel Sinai und im Osten an Jordanien. Knapp 48.000 Menschen leben in Eilat. Wegen des trockenen Wüstenklimas und der milden Winter gilt die Region als Urlaubsparadies, der Fremdenverkehr ist eine wichtige Einnahmequelle. Tausende Touristen kommen jährlich über den internationalen Flughafen von Eilat an den Golf von Akaba. Hotels und Restaurants säumen die Uferpromenade der Stadt. Die Bucht ist auch bei Tauchern beliebt.

Serie verheerender Anschläge

Mehrfach kam die Stadt aber auch durch Anschläge in die Schlagzeilen. So wurde das Urlaubsparadies im August 2010 mit Raketen beschossen, im Januar 2007 explodierte eine Rucksackbombe. In Israel sind die Attacken vom Donnerstag der zweite Terroranschlag in diesem Jahr. Am 23. März waren in Jerusalem eine Frau getötet und dutzende Menschen verletzt worden. Damit setzt sich eine Reihe verheerender Attentate fort. Ein Rückblick:

6. März 2008: Bei einem Selbstmordanschlag auf eine jüdische Religionsschule in Jerusalem sterben neun Menschen. Ein als orthodoxer Jude verkleideter Palästinenser dringt in die Schule ein und schießt etwa zehn Minuten lang um sich.

4. Februar 2008: Bei einem Selbstmordanschlag in der Stadt Dimona sterben drei Menschen, darunter die beiden palästinensischen Attentäter. Die Tat ereignet sich etwa zehn Kilometer von dem hochgesicherten Atomreaktor Dimona entfernt.

29. Januar 2007: In einer Bäckerei in Eilat am Roten Meer explodiert eine Rucksackbombe. Dabei werden der 21-jährige Attentäter und drei Israelis getötet.

17. April 2006: Vor einem Schnellimbiss in Tel Aviv zündet ein Dschihad-Selbstmörder seinen Sprengstoffgurt. Mit ihm sterben zehn Passanten, 65 werden verletzt.

4. Oktober 2003: 20 Menschen werden bei einem Selbstmordanschlag einer palästinensischen Attentäterin in einem Restaurant in der israelischen Hafenstadt Haifa getötet. Der Islamische Dschihad bekennt sich offiziell zu dem Anschlag.

1. Juni 2003: Eine Woche nach einem Nahost-Gipfel sprengt sich in Jerusalem ein Palästinenser in einem Linienbus in die Luft. Er reißt mindestens 16 Israelis in den Tod.

5. Januar 2003: Im Süden Tel Avivs sprengen sich zwei Palästinenser in die Luft. Sie reißen 23 Passanten mit in den Tod. Israel reagiert mit Hubschrauberangriffen auf Gaza.

5. März 2003: In einem Linienbus im israelischen Haifa sprengt sich ein palästinensischer Hamas-Anhänger in die Luft und reißt 16 Fahrgäste mit in den Tod.

21. November 2002: In einem Bus sprengt sich in Jerusalem ein Selbstmordattentäter in die Luft. Mindestens zwölf Menschen sterben, darunter viele Kinder und Jugendliche.

31. Juli 2002: Ein Hamas-Sprengsatz tötet in der Hebräischen Universität im Osten Jerusalems neun Menschen, darunter fünf Amerikaner. Weitere 80 Studenten werden verletzt.

18. Juni 2002: Bei einem Selbstmordanschlag gegen einen Bus sterben in Jerusalem 19 Fahrgäste und der Hamas-Attentäter.

5. Juni 2002: In Nordisrael bringt ein Dschihad-Selbstmörder sein mit Sprengstoff beladenes Auto neben einem Linienbus zur Explosion. 17 Israelis sterben.

dpa