Der große Mann der Ökumene: Philip Potter wird 90
Neun Vollversammlungen hat der Weltkirchenrat seit seiner Gründung 1948 veranstaltet, und nur ein einziger Mann war bei allen Konferenzen dabei: Philip Potter, der heute seinen 90. Geburtstag feiert. Zeitgleich erscheinen ein Buch und ein Film über sein Leben.
18.08.2011
Von Thomas Morell

Von 1972 bis 1984 war er Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) in Genf, der erste Vertreter aus der Dritten Welt in diesem Amt. Dort lernte er auch seine Frau, die ehemalige Lübecker Bischöfin Bärbel Wartenberg-Potter (67), kennen.

Seinen Geburtstag wird Potter im kleinen Kreis in Lübeck feiern. Das Fest mit der "ökumenischen Großfamilie" findet dann zwei Tage später mit 120 Gästen im "Haus am Schüberg" bei Hamburg statt. Erwartet werden unter anderem der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, die Grünen-Politikerin Antje Vollmer und die finnische Bischöfin Irja Askola. Vorgestellt wird dort ein neues Buch mit Texten von Philip Potter und ein Film über sein Leben.

Als Methodisten-Pastor in Haiti

Geboren ist Potter auf Domenica, einer Karibik-Insel von der Größe Hamburgs. Schon seine Kindheit war ökumenisch geprägt. Sein katholischer Großvater nahm ihn sonntags mit in seine Kirche. Die alleinerziehende Mutter dagegen war überzeugte Methodistin. Seinen Namen hat er von einem befreundeten katholischen Bischof. Konfessionelle Grenzen empfand Philip schon als Kind befremdlich: "An sechs Tagen in der Woche machten wir alles zusammen, nur sonntags waren wir getrennt."

In seinem Stammbaum habe es afrikanische Sklaven, Kariben und eine irische Adelsfamilie gegeben, sagt seine Frau Bärbel Wartenberg-Potter. Das "Echo in seinen Knochen" sei sehr vielfältig, und deshalb sei es ihm immer leicht gefallen, auch mit Menschen in verschiedensten Kulturen in Kontakt zu kommen.

Nach seinem Studium in Kingston (Jamaika) und London war Potter in der christlichen Studentenbewegung SCM aktiv. Zur ersten ÖRK-Vollversammlung 1948 in Amsterdam kam er als Sprecher der Jugenddelegation. Sein Engagement für die Armen führte ihn zwei Jahre später als Methodisten-Pastor nach Haiti, wo er vier Jahre blieb. Von da an arbeitete er in verschiedenen Funktionen beim ÖRK, ehe er 1972 zum Generalsekretär gewählt wurde.

"Der Dialog der Religionen ist intensiver als früher"

Potter hat sein Amt immer auch politisch verstanden. "In der einen Hand die Bibel, in der anderen die Zeitung", war sein Motto. Besonderes engagiert war er im Kampf gegen den Rassismus - auch in den Kirchen. Seine Wahl an die Spitze des Weltkirchenrats war auch ein Signal, dass sich das Zentrum der Christenheit von der nördlichen zur südlichen Erdhalbkugel verschoben hatte.

1971 erhielt Potter seinen ersten Ehrendoktor von der Universität Hamburg, später auch einen der Universität Kapstadt. Besonders stolz ist er auf den japanischen Friedenspreis, der ihm 1986 von der buddhistischen Niwano Peace Foundation verliehen wurde. Nach seiner Pensionierung zog er mit seiner Frau von Genf nach Jamaika, wo beide an der Universität Kingston Theologie lehrten.

Seit Bärbel Wartenberg-Potter 2001 zur Lübecker Bischöfin gewählt wurde, leben beide in Lübeck. Das hohe Alter hat Spuren bei ihm hinterlassen. Sein Gang ist langsam geworden und sein Gedächtnis nicht mehr so aufnahmefähig wie früher. Mit einer fröhlichen Gelassenheit blickt er auf sein Leben und die Entwicklung der Ökumene. Der Dialog der Religionen sei wesentlich intensiver als früher, bilanziert er nach mehr als 60 Jahren Engagement in der Ökumene. Es wachse das Bewusstsein, dass Christen in dieser Welt eine große Gemeinschaft sind und wichtige Verantwortung tragen.

Lesetipp: Philip Potter, "...damit Du das Leben wählst", Andrea Fröchting u.a. (Hg.), Edition Ruprecht, 380 Seiten, 24,90 Euro.

Filmtipp: "The house of living stones" von Barbara Robra. Der Film liegt der neuen Ausgabe (III. Quartal) der Zeitschrift "Junge Kirche" bei. Die Ausgabe kann unter 05 81/77666 oder verlag@jungekirche.de bestellt werden.

epd