Gerade war Christof Spitz noch mit dem Dalai Lama im französischen Toulouse. Jetzt ist der 56-Jährige zurück in Hamburg, wo am Donnerstag der Internationale Achtsamkeitskongress beginnt. Höhepunkt der Veranstaltung ist am Sonntag die Abschlussrede von Seiner Heiligkeit. Von dort aus geht es für den Deutsch-Übersetzer des Dalai Lama weiter nach Hessen. Dort will der Friedensnobelpreisträger am Dienstag unter anderem vor dem Landtag in Wiesbaden sprechen.
Doch Spitz, selbst seit Jahrzehnten Buddhist, lässt sich keinen Stress anmerken. Für ihn ist sein Einsatz ohnehin nichts Neues: "Seit 1991 begleite ich ihn jedes Jahr auf irgendeine Reise", sagt der Leiter des Tibetischen Zentrums in Hamburg. Was ihn besonders am Dalai Lama beeindruckt? "Er hat immer die gleiche Gelassenheit und Ruhe, ist freundlich, humorvoll und sehr bescheiden - er rückt sich nie in den Vordergrund", sagt Spitz. "Und er ist immer konzentriert und zugleich sehr entspannt."
Faszinierend sei auch der sehr disziplinierte Lebensstil des 76-Jährigen. So fange der Dalai Lama jeden Morgen um halb vier an zu meditieren, obwohl er meist ein sehr anstrengendes und langes Tagesprogramm vor sich habe. "Viele wissen das gar nicht, denn wenn wir aufstehen, hat er ja schon seine vier Stunden Meditation hinter sich", sagt Spitz.
Den Zugang zum Buddhismus fand Spitz in den 1970er Jahren als Student in Aachen. "Das war die Zeit der Hippies, als viele nach Sinn und Orientierung suchten." Im Fernsehen sah er einen Bericht über den Dalai Lama und war sofort begeistert. Er zog nach Hamburg, studierte Tibetisch und Buddhismus. 14 Jahre lang lebte er als Mönch in der Hansestadt, wo sein Lehrer, der tibetische Gelehrte und Meditationsmeister Geshe Thubten Ngawang, das Tibetische Zentrum leitete. "Dann verliebte ich mich in eine Frau und folgte meinen Emotionen." 2007 wurde er Geschäftsführer des Tibetischen Zentrums, das unter der Schirmherrschaft des Dalai Lama steht.
Die unvergessliche Autobahn-Pause
Zu seiner ungewöhnlichen Tätigkeit als Übersetzer fand er 1991, als der Dalai Lama die Hansestadt besuchte und Spitz derjenige mit den besten Tibetisch-Kenntnissen war. In den darauffolgenden 20 Jahren hat er immer wieder bewegende und kuriose Situationen erlebt. Da war etwa eine Pause auf einer Autobahn in Süddeutschland. "Es war der erste Tag, an dem die Raststätte geöffnet hatte und dann fuhr gleich der Dalai Lama mit seinem Tross vor." Als sie beim Kaffee zusammensaßen, sei noch ein junges Paar hinzugekommen. "Die waren auf dem Rückweg von einem Festival und haben für uns Musik gemacht. Das war schon ein toller Einstand für den Raststätten-Besitzer."
Am beeindruckendsten sei für ihn aber der Umgang des Dalai Lama mit Menschen. "Formalitäten sind für ihn oft überflüssiges Zeug. Er geht direkt und offen auf jeden zu und strahlt eine enorme menschliche Wärme aus." Am Ende einer Reise bedanke er sich auch immer bei den Organisatoren und Helfern von Polizei oder Rotem Kreuz. "Und wenn dann ein gestandener Polizist plötzlich Tränen in den Augen hat, dann ist das schon sehr bewegend."