Fritz Wepper: "Humor ist eine todernste Sache"
Fritz Wepper ist eine der populärsten und schillerndsten Figuren im deutschen Fernsehen. Das Erste würdigt ihn mit der Krimikomödie "Lindburgs Fall" (Freitag, 19.8., ARD), die voller Anspielungen auf Weppers legendärste Rolle steckt. Im Interview spricht er über seinen 70. Geburtstag am 17. August, die Kultfigur Harry Klein, seine lebensgefährliche Krankheit und seine witzige Rolle als Bürgermeister Wöller.
17.08.2011
Die Fragen stellte Cornelia Wystrichowski

Herr Wepper, in Ihrem neuen Film, der zwei Tage nach Ihrem 70. Geburtstag gesendet wird, nehmen Sie Ihre frühere Serienfigur Harry Klein auf die Schippe. Hat es lange gedauert, bis Sie über Ihre Rolle als ewiger Assistent von Inspektor Derrick lachen konnten?

Wepper: Nein, sehen Sie: Ich verfüge über eine gesunde Portion Selbstironie, deshalb hat mir der Film wirklich Spaß gemacht. Wir erinnern in vielen Szenen augenzwinkernd an "Derrick", und auch an diesen legendären Satz: "Harry, hol schon mal den Wagen", der in der Serie nie so gefallen ist, sondern von Harald Schmidt mit kabarettistischer Häme eingeführt wurde. Das ist für mich leider eines der Markenzeichen der Deutschen, dass wir bei der Häme ziemlich führend sind.

Worauf werden Sie häufiger angesprochen: Auf "Derrick" oder auf Ihre Rolle als Bürgermeister Wöller in der Erfolgsserie "Um Himmels Willen"?

Wepper: Mittlerweile in 99 von 100 Fällen auf den Wöller. Hin und wieder ist jemand auch wahnsinnig witzig und sagt: "Harry, hol schon mal den Wagen." Aber das ist kein Problem für mich. Meine Zuschauer sind schließlich meine Kundschaft. Ich schreibe auch gerne Autogramme und mache dazu einen lustigen Spruch wie: "Das kommt fei auf den Nachttisch, gell?"

Hat es Sie nie gewurmt, zuerst an Erik Odes und später an Horst Tapperts Seite so lange die zweite Geige zu spielen?

Wepper: Nein, ich habe damit nie Probleme gehabt, denn ich hatte ja keine falschen Töne drauf. Natürlich wusste ich ja auch nicht, als ich 1968 für 13 Folgen als Harry Klein unterschrieben habe, dass daraus 29 Jahre werden würden. Aber ich bin in diesen Jahren älter geworden, auch erfahrener. Ich habe Theater gespielt und mit meinem Bruder Elmar die Reihe "Zwei Brüder" gedreht, also ich konnte mein Handwerk total entspannt ausüben.

Aber war es nicht so, dass Harry Klein Ihnen sogar bei einer internationalen Karriere im Weg war? Nach Ihrem Auftritt an der Seite von Liza Minnelli in der mit acht Oscars ausgezeichneten Musicalverfilmung "Cabaret" standen Ihnen eigentlich alle Türen offen. Doch Sie waren vertraglich ans deutsche Fernsehen gebunden und Hollywood wollte nicht auf Sie warten....

Wepper: Ja, ich halte meine Verabredungen eben immer ein. Von Produktionsseite ist mir das damals leider nicht gedankt worden, im Gegenteil, ich durfte nicht mal pünktlich zur "Oscar"-Verleihung für "Cabaret" reisen. Aber das ist Vergangenheit, ich bin mit meiner Entwicklung zufrieden und kann mich überhaupt nicht beklagen. Ein Bürgermeister Wöller würde mir im Englischen wohl auch nicht so gelingen, das hat viel mit Muttersprache und Mutterwitz zu tun.

Ihren großen Durchbruch hatten Sie bereits 1959 in dem berühmten Antikriegsfilm "Die Brücke". Wie haben Sie es geschafft, sich mehr als 50 Jahre lang in Film und Fernsehen zu behaupten?

Wepper: Dazu gehören natürlich verschiedene Faktoren. Mir macht dieses Handwerk einfach Spaß. Ich bin immer geerdet geblieben, bin nie abgehoben – dafür gibt es ja auch gar keinen Grund. Die richtigen Regisseure gehören dazu, die richtigen Kollegen. Und ich hatte das Glück, die richtigen Bücher zur richtigen Zeit zu kriegen. Die Schuhe waren mir immer eine halbe Nummer zu groß, es gab also immer eine Herausforderung, ich musste mich entwickeln, um der Sache gerecht zu werden. Ich habe "Die Brücke" drei Monate gedreht und kann ihnen bis heute fast jeden Drehtag schildern, so sehr ist die Erinnerung in mir lebendig geblieben.

Hat die Arbeit früher mehr Spaß gemacht?

Wepper: Das lässt sich schwer vergleichen. Schon von Kindesbeinen an durfte ich mit den größten deutschen Schauspielern agieren, etwa in der Literaturverfilmung "Mein Schulfreund" mit Heinz Rühmann. Er galt als schwierig, aber ich habe ihn als ganz tollen Kollegen erlebt. Oder als ich Fritz Kortner auf der Straße traf und dieser Weltregisseur zu mir sagte: "Ich habe ihren Film gesehen, ,Die Brücke’. Sie waren gut." Dieses "gut" war bei ihm schon ein unglaubliches Lob. Das sind unwiederbringliche Erlebnisse und Erfahrungen, davon könnte ich stundenlang erzählen.

Heute kennen die Zuschauer Sie eher als Komödianten.

Wepper: Wie sagen die Engländer: "Comedy is a dead serious job", Humor ist eine todernste Sache. Ich habe auch schon früher komödiantische Sachen gemacht, zum Beispiel die Satire "Zwei Bayern im Weltall" mit meinem Bruder Elmar, das kam also nicht erst durch den Wöller in "Um Himmels Willen".

Apropos Wöller: Haben Sie schon darüber nachgedacht, wann Sie den Bürgermeister in Rente schicken wollen?

Wepper: Die Serie möchte ich schon weitermachen, solange die Leute uns gerne sehen. Es ist ja im Grunde ein kleines Phänomen: Normalerweise gibt es im Lauf der Zeit eine Serienmüdigkeit beim Publikum, aber "Um Himmels Willen" hat sogar noch zugelegt an Zuschauern. Erfolg ist kein Ruhekissen, und ich bin froh, dass wir mit der Serie die richtige Richtung eingeschlagen haben. Aber natürlich ist mein Beruf sehr anstrengend. Ich bin dieses und nächstes Jahr durchgehend beschäftigt, danach muss man sehen, ob ich den ein oder anderen 90-minütigen Film auslasse.

Wie feiern Sie Ihren 70. Geburtstag denn eigentlich?

Wepper: Das verrate ich nicht, aber es wird eher nichts Großes. Ich bin erst mal froh, dass ich diesen Geburtstag überhaupt noch erleben darf, denn ich hatte ja vor kurzem eine lebensbedrohliche Krankheit. Da ist man froh, überhaupt ein Glas in die Hand nehmen und anstoßen zu können. Zum Glück bin ich wieder ganz gesundet, dank dem lieben Gott und dank einem Jagdfreund, der mich ärztlich betreut und vor Schlimmerem bewahrt hat.

Dann erübrigt sich wohl die Frage nach Ihrem größten Geburtstagswunsch...

Wepper: Gesundheit, ganz logisch. Nur dann kann ich ja auch weiterhin meinen Beruf ausüben, der sehr viel Energie erfordert.


Als schlitzohriger Bürgermeister lockt Fritz Wepper in der ARD-Erfolgsserie "Um Himmels Willen" regelmäßig Millionen Zuschauer. Mehr als 300 Mal spielte er in den Krimireihen "Der Kommissar" und "Derrick" den Assistenten Harry Klein. Seinen Durchbruch hatte der gebürtige Münchener, der schon als Kind auf der Bühne stand, aber bereits 1959 in dem Antikriegsfilm "Die Brücke" – seitdem spielte er in unzähligen Filmen und Serien mit.