"Deutschland, deine Künstler: Jan Josef Liefers", Mittwoch, 24. August, 22.45 Uhr, ARD
Es ist ein bisschen schade drum, in zweierlei Hinsicht: Schade, dass das "Erste" dieses Porträt des beliebten Schauspielers Jan Josef Liefers erst so spät zeigt; und schade, dass es sich die Autorin Kathrin Pitterling letztlich doch recht leicht gemacht hat. Denn wenn Liefers in den 45 Minuten nicht mehr erzählt, als er auch schon in diversen Talkshows preisgegeben hat, liegt das natürlich auch daran, dass ihm keine neuen Fragen gestellt worden sind. Die Anekdote mit Markus Wolf, dem Auslands-Chef der Stasi, der dem Schauspieler nach einer Rede im November 1989 vor 500.000 Menschen auf dem Berliner Alexanderplatz ein Stück Pflaumenkuchen angeboten hat, gibt Liefers immer wieder gern zum Besten.
Trotzdem macht es Spaß, ihm zuzuhören, was wiederum auch das Verdienst der Autorin ist: Es ist ihr offensichtlich gelungen, eine angenehme Gesprächsatmosphäre herzustellen. Liefers wirkt ja ohnehin sehr authentisch, auch wenn das im Grunde nichts anderes heißt, als dass es eine große Kongruenz zwischen Image und Auftritt gibt: Man glaubt und hofft, dass sich dieser Mensch nicht verstellt, wenn er über sein Leben in der DDR erzählt.
Mehr als nur ein "Tatort"-Star
Allerdings läuft Pitterlings Porträt immer wieder Gefahr, den Schauspieler auf seine populärste Rolle zu reduzieren: Es gibt eine Menge Ausschnitte aus den "Tatort"-Filmen des WDR, in denen sich Liefers als blasiert-kauziger Pathologe Karl Friedrich Boerne ein nun schon neun Jahre währendes Darstellerduell mit Axel Prahl liefert, der natürlich ebenfalls zu Wort kommt. Die Dokumentation zeigt zwar auch Szenen aus der Kinokomödie "Knockin' On Heaven's Door" oder dem TV-Drama "Die Nachrichten", doch der Boerne ist die heimliche Hauptfigur dieses Films. Kein Wunder: Der "Tatort" aus Münster gehört Jahr für Jahr zu den erfolgreichsten TV-Krimis.
Während weder Weggefährten noch Kollegen wie Til Schweiger und auch Mutter Liefers wirklich Wesentliches zu berichten haben, sind die Gespräche mit Lebensgefährtin Anna Loos um so erfrischender. Das Paar ist seit sieben Jahren verheiratet und teilt nicht nur die Liebe zur Schauspielerei, sondern auch zur Musik; und die spielt daher die zweite große Rolle in dem Porträt. Liefers' Auftritte mit seiner Band Oblivion oder ein Duett mit Loos und ihrer Band Silly gehören zu den Höhepunkten des Films. Andererseits liegt genau darin auch eine Schwäche: Man sieht Liefers auf der Bühne und im Film, also in Rollen; ganz gleich, ob als Sänger oder als Schauspieler. Über ihn selbst aber erfährt man nicht mehr, als er bereit ist, in den Gesprächen preiszugeben ("relativ wunschlos glücklich"). Das mag im Vergleich zu Anderen immer noch eine Menge sein. Aber ein anspruchsvolles Porträt sollte die Behauptung, der Porträtierte sei "einer der besten Schauspieler des Landes", auch belegen können; selbst wenn man die Einschätzung durchaus teilt.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).