"Lindburgs Fall", Freitag, 19. August im Ersten
Schon die Eingangsidee ist großartig, und Fritz Wepper haucht ihr mit viel Selbstironie Leben ein: Schauspieler Peter Lindburg, Urgestein unter den deutschen Fernsehkommissaren, hält sich nach Hunderten von "Blaulicht"-Folgen für unantastbar. Und dann tritt das Undenkbare ein: Die Serie wird abgesetzt. Aber der Rausschmiss ist bloß der Einstieg in eine Geschichte (Drehbuch: Marie Reiners, Sylke Lorenz), die Lindburgs Demontage auf die Spitze treibt: In seine thüringische Heimatstadt zurückgekehrt, um dort ein Drehbuch zu schreiben und das Comeback in die eigene Hand zu nehmen, beobachtet Lindburg, wie eine alte Frau erschlagen wird. Prompt glaubt ihm niemand, weil alle denken, er versuche auf geschmacklose Weise, in die Schlagzeilen zu kommen. Also schlüpft der Schauspieler in seine Rolle als Kriminalist. Erfahrung hat er ja genug, und für die Fußarbeit rekrutiert er kurzerhand seinen Serienpartner Conny (Bernd Michael Lade).
Fortsetzung erwünscht
Die Handlung ist nicht gerade dynamisch erzählt, da hat Franziska Meyer-Price ("Doctor's Diary", "Undercover Love") schon ganz anderes Tempo vorgelegt. Aber der Film lebt ohnehin vom Spiel mit Lindburgs Vorgeschichte, weil der "Kriminalist" immer wieder auf seine Erfahrungen als Kommissar Kämpfer zurückgreifen kann und dem regelmäßig beeindruckten Conny erklärt, welcher Serienfolge er seinen jüngsten Geistesblitz verdankt. Das mag als Einfall nicht völlig neu sein, ist aber immer wieder schön umgesetzt. Der Fall dagegen ist dermaßen an den Haaren herbeigezogen, dass er anderswo höchst unglaubwürdig wirken würde. Hier aber erhöht das Spektakel noch die Fallhöhe des Schauspielers: Er legt sich mit keinem Geringeren als dem örtlichen Staatsanwalt an. Den verkniffenen Antagonisten verkörpert Francis Fulton-Smith; er und Wepper passten schon in "Baby frei Haus" (gleichfalls von Meyer-Price) prima zusammen.
Ergänzt werden die beiden Gegenspieler um diverse Nebenfiguren, die das Reihenpotenzial des Ensembles verdeutlichen, etwa Saskia Vester als Lindburgs ledige Jugendfreundin oder Elisabeth Lanz als echte Kommissarin, auch wenn ihr österreichischer Zungenschlag im tiefen Thüringen etwas irritiert. Die neben Wepper und Lade schönste Rolle spielt allerdings Barbara Schöneberger als Moderatorin eines Klatschmagazins, die Lindburg stets dicht auf den Fersen ist. Die Figuren, die Schauspieler und die vielen hübschen Einfälle am Rand der Handlung machen "Lindburgs Fall" zu einer amüsanten Krimikomödie, die nicht ohne Fortsetzung bleiben sollte.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).