ARD-Chefredakteur Thomas Baumann hat die Talkshows der ARD gegen Vorwürfe verteidigt, sie wirkten häufig inszeniert. "Selbstverständlich haben Journalisten eine Erwartungshaltung an Gäste oder Gesprächspartner, die sie einladen. Es gibt aber keine festgelegte Rollenverteilung. Wir machen hier nicht Scripted Reality", sagte Baumann der Tageszeitung "Die Welt" (Montagsausgabe). Der ARD-Chefredakteur reagierte auf Kritik des Medienforschers Bernd Gäbler, der in einer Studie für die Otto-Brenner-Stiftung schrieb, die Talkshowredaktionen erwarteten von ihren Gästen "Rollentreue".
Gäste werden immer wieder eingeladen
Gäbler kommt in seiner Studie zu dem Ergebnis, dass Talkshowredaktionen stets die naheliegenden Gäste einlüden. "Die Wiederholungsquote bei der Gästeschar ist auch deswegen so hoch, weil das Fernsehen sich immer sehr stark auf sich selbst rückbezieht." So werde der tatsächliche gesellschaftliche Wandel in den Talkshows gar nicht abgebildet.
Der Medienkritiker wirft den Talkshowredaktionen vor, dass normale Bürger nur als "Betroffene" in die Sendungen eingeladen würden und sich dort nur als "Betroffene" äußern dürften. Auf keinen Fall dürfe ein solcher Gast "als gleichberechtigter Citoyen" mitreden.
"Am Ende sogar lächerlich"
Gäbler warnt in der Studie vor der "Gefahr einer Inflation" der Talkshows. Die Entscheidung der ARD, ab September fünfmal in der Woche abends eine Talkshow zu senden, hält er für eine "Fehlleistung": "Der endlose Zug der letztlich immer gleichen Karawane durch die Talkarenen der Fernsehrepublik droht am Ende sogar lächerlich zu werden", schreibt er.
Baumann verteidigte die Programmentscheidung der ARD in der "Welt": "Unser Auftrag ist informieren, bilden, beraten - übrigens auch unterhalten. Wir haben mit den Gesprächsformaten eine Form, die genau das leistet, in unterschiedlichen Sendungen mit unterschiedlicher Akzentuierung. Es gibt keine Konfliktstellung zwischen Unterhaltung und Aufklärung."