Die Zitterpartie im Saarbrücker Landtag kam unerwartet. Erst im zweiten Wahlgang erhielt die CDU-Landeschefin am Mittwoch die erforderliche Mehrheit. 26 von 51 Abgeordneten stimmten für die 49-Jährige - eine Stimme weniger als die Jamaika-Koalition von CDU, FDP und Grünen hat. Kramp-Karrenbauer folgt Regierungschef Peter Müller als erste Frau an der Spitze des Saarlandes. Die bisherige Sozialministerin setzte sich gegen den SPD-Landesvorsitzenden Heiko Maas durch, der erst kurz vor der Wahl überraschenderweise seine Gegenkandidatur angekündigt hatte. Er erhielt in beiden Wahlgängen 25 Stimmen.
Unmittelbar nach dem Votum wurde die 49-Jährige von Landtagspräsident Hans Ley (CDU) vereidigt. "Ich nehme die Wahl an", sagte sie. Ihre Wahl wurde von der Regierungskoalition mit langem, erleichtertem Beifall quittiert. Die Wahl von Kramp-Karrenbauer hatte zuvor als so gut wie sicher gegolten. Unmittelbar nach dem überraschenden Scheitern im ersten Wahlgang wurde die Sondersitzung für eine Stunde unterbrochen. Zahlreiche Abgeordnete sprachen in der Sitzungspause von einem möglichen "Denkzettel" für die bundesweit einzige Jamaika-Koalition.
Gegenkandidat Maas zunächst gleichauf
Die fehlende Mehrheit im ersten Wahlgang erinnerte an ähnliche Wahlkrimis: In Thüringen wurde Christine Lieberknecht (CDU) im Oktober 2009 erst im dritten Anlauf gewählt. Im März 2005 gab in Schleswig-Holstein die SPD-Politikerin Heide Simonis nach dem vierten erfolglosen Wahlgang auf. Der SPD-Abgeordnete Stefan Pauluhn hatte Maas unmittelbar vor der Wahl als Gegenkandidaten zu Kramp-Karrenbauer vorgeschlagen. Dies geschehe im Bewusstsein, "dass es hier andere Mehrheiten gibt", sagte Pauluhn. "Dennoch wollen wir mit unserem Vorschlag deutlich machen, dass es zur Jamaika-Koalition eine politische und personelle Alternative gibt und geben wird."
Die neue Landeschefin trug ihre verspätete Wahl mit Fassung. "Der Start war etwas holprig. Aber als Mutter von drei Kindern weiß ich: Die schwersten Geburten bringen die schönsten Kinder auf die Welt", sagte sie nach ihrer Vereidigung. Die zunächst fehlende Geschlossenheit in der Jamaika-Koalition kommentierte sie: "Demokratie lebt von geheimen Wahlen. Insofern weiß jeder, der sich einer geheimen Wahl stellt, dass es einen offenen Ausgang gibt."
"Auszeichnung und Herausforderung"
Zu ihrem neuen Amt sagte die CDU-Politikerin: "Dass ich die Geschicke des Landes lenken darf als erste Frau im Saarland überhaupt, das ist eine große Auszeichnung. Das ist vor allem aber auch eine große Herausforderung." Sie sei eine Vertreterin von Politik, "die sehr stark auf Kommunikation und Überzeugungsarbeit" setze. Kramp-Karrenbauer hatte bereits Ende Mai den CDU-Landesvorsitz von Müller im kleinsten deutschen Flächenland übernommen. Die 49-Jährige ist nach Lieberknecht (CDU) in Thüringen und Hannelore Kraft (SPD) in Nordrhein-Westfalen die derzeit dritte weibliche Chefin eines Landeskabinetts.
In zwei Wochen will die Ministerpräsidentin eine Regierungserklärung abgeben. Bis dahin sollen auch ihre Regierungsmannschaft stehen und die anderen Mitglieder ihres Kabinetts vereidigt werden. Landtagspräsident Ley hatte zu Beginn der Sitzung Müller für "unermüdlichen Einsatz und außerordentliche Leistungen" gedankt. Der Ministerpräsident hatte am Dienstag sein Amt niedergelegt. Allgemein angenommen wird, dass der 55-jährige Jurist einen Posten als Verfassungsrichter in Karlsruhe anstrebt.