Süßigkeiten, Handy, Klamotten: Was Kinder konsumieren
Deutschlands Kinder werden reicher und selbstständiger. Sie legen sich aber nicht fest: Ob Auto-Quartett oder Internet, Puzzle oder Konsole - der Nachwuchs jongliert unbefangen zwischen Brettspiel und Hightech. Ein Viertel der Kinder bis neun Jahre hat bereits ein Handy. Bei den 10- bis 13-Jährigen sind es sogar 75 Prozent.
09.08.2011
Von Esteban Engel

Sie haben fast alle ein Handy, zusammen Milliarden auf den Konten und bei der Auswahl von Getränken, Klamotten oder Schulranzen eine ziemlich feste Meinung: Die Lebenswelten von Kindern und Erwachsenen in Deutschland gleichen sich zum Teil immer mehr an. Diese Erkenntnis lässt sich aus einer neuen Studie des Egmont Ehapa Verlags gewinnen, die das Konsumverhalten von Kindern in der Bundesrepublik untersucht. Ob bei der Spielkonsole, der Einrichtung des Kinderzimmers oder dem Taschengeld - unter den 6- bis 13-Jährigen breitet sich seit Jahren eine neue Eigenständigkeit aus.

Möglich wird das vor allem, weil die Erwachsenen ihrem Nachwuchs auch mehr Freiheiten gewähren, wie aus der KidsVerbraucheranalyse 2011 hervorgeht, die Egmont Ehapa am Dienstag in Berlin vorstellte. "Kinder werden immer selbstbestimmender", sagte Ingo Höhn, Geschäftsleiter des Verlags, der mit der repräsentativen Befragung von mehr als 2.100 Kindern und jeweils einem Elternteil Kunden aus der Werbewirtschaft einen Leitfaden für ihre Anzeigen an die Hand geben will. Viele Ergebnisse sollen für die 7,5 Millionen Kinder im Alter von vier bis 13 Jahren gelten.

Fast 90 Prozent der 10- bis 13-Jährigen können sich nach Lust und Laune anziehen, 85 Prozent über ihr Taschengeld selbst bestimmen, und immerhin rund die Hälfte kann soviel für Süßigkeiten ausgeben, wie sie will oder im Schnellrestaurant Burger und Pommes vertilgen, bis der Bauch schmerzt - allerdings nur solange sie selber zahlen. Wichtig sind dem markenbewussten Nachwuchs vor allem die "richtigen" Sportschuhe (55 Prozent), der modisch aktuelle Rucksack (51 Prozent) und der süße Brotaufstrich (48 Prozent). Weniger wählerisch sind die Jüngsten etwa bei Uhren und Ketchup.

Ein Viertel der Sechs-bis Neunjäjrigen hat ein Handy

Bei der Technik werden die Ansprüche zunehmend raffinierter. Zwar können sich viele Sechs- bis Neunjährige noch nicht die Schuhe richtig schnüren, die Handytastatur beherrschen sie aber. Fast ein Viertel in dieser Altersgruppe hat ein Mobiltelefon, bei den 10- bis 13-Jährigen sind es sogar 75 Prozent. Die Hochkonjunktur ist im Kinderzimmer angekommen. Nach zwei Minusjahren bekommen die Jüngsten wieder mehr Taschengeld - durchschnittlich 25 Euro im Monat. Und auch die Sparkonten sind gut gefüllt. Die 6- bis 13-Jährigen haben im Schnitt jeweils 738 Euro auf der hohen Kante, zusammengenommen sind das mehr als 2,5 Milliarden Euro. Allerdings wollte jeder fünfte Befragte dazu keine Angaben machen.

Doch trotz Kontos, Hightechs und Marken-Hypes bleibt beim Nachwuchs der kindliche Kern unangetastet. Das wird vor allem bei der Wahl der Spiele deutlich. Karten- oder Brettspiel, Puzzle, Lego oder Playmobil stehen noch immer ganz oben auf dem Wunschzettel. Der moderne Zeitvertreib hat die klassischen Spiele nicht verdrängt, auch wenn etwa jedes zweite Kind eine Hand-Konsole besitzt. Auch das Internet wirkt sich nicht unbedingt negativ auf das Leseverhalten aus, wie immer wieder befürchtet wird. Sieben von zehn Kindern greifen regelmäßig zu Kindermagazinen, Benjamin Blümchen ist dabei weitaus beliebter als Spongebob. "Die Kinder werden multimedial", sagte Höhn. Es gebe eine Ergänzung, aber keine gegenseitige Verdrängung einzelner Medien.

Allerdings gibt es gravierende Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen. Zwar sind etwa fast alle (92 Prozent) 10- bis 13-Jährigen regelmäßig online unterwegs. Aber unter den Mädchen steht die Buchlektüre auf Platz vier der zehn beliebtesten Freizeitaktivitäten. Bei den Jungen kommen Bücher in der Hitliste gar nicht vor. Sie sitzen lieber vor dem Fernseher, spielen Fußball oder surfen im Netz.fwe

dpa