"Fischer sucht Frau", 5. August, 20.15 Uhr auf Arte
Schon "Butter bei die Fische" (2009) war eine herrliche Komödie, die großartigen Schauspielern wunderbare Dialoge in den Mund legte. Nun hat es Lars Jessen wieder getan: Erneut erzählt der gebürtige Kieler eine Geschichte, die überall spielen könnte, aber dank des ostfriesischen Lokalkolorits eine ganz eigene Note bekommt. Die Schauspieler sind zum Teil ebenfalls die gleichen. Und sogar die Handlung ist ähnlich: Erneut geht es um den Zusammenprall zweier einander völlig fremder Kulturen; diesmal aber richtig. Damals stammte die Frau, die sich vom widerborstigen Charme der Nordmänner nicht abschrecken lässt, bloß aus dem Ruhrgebiet, nun kommt sie aus Marokko.
"Andere Länder, andere Sitten"
Drehbuchautor Daniel Speck hat womöglich gar keine Lust mehr, Geschichten dieser Art zu erzählen, aber er macht das einfach vortrefflich. Für "Meine verrückte türkische Hochzeit" (deutsch/türkisch) gab’s einen Grimme-Preis, und auch "Zimtstern und Halbmond" (deutsch/palästinensisch) gewinnt der schlichten Erkenntnis "Andere Länder, andere Sitten" ganz neue Dimensionen ab: Krabbenfischer Hein Schüpp (Peter Heinrich Brix) lebt in Scheidung und lässt sich von Kumpel Matze (Bjarne Mädel) zu einer gemeinsamen Reise nach Marokko überreden. Auf diese Weise gibt’s gleich noch ein bisschen Globalisierungskritik: Die friesischen Krabben werden 2.500 Kilometer mit dem Lkw nach Nordafrika gekarrt, dort von flinken Händen gepult und dann auf gleichem Weg wieder zurück transportiert.
In Marokko, verspricht Matze, dürfe man als Mann noch Mann sein, weil die Frauen noch Frauen seien. Tatsächlich erliegt Hein alsbald dem Liebreiz der schönen Mona (Sanaa Alaoui). Als sie einige Wochen später zum Gegenbesuch nach Ostfriesland kommt, muss sie feststellen, dass Hein nicht in jeder Hinsicht wahrhaftig war. Das gilt vor allem für die Beziehung zu Rieke (Anna Loos), seiner "gehabten Frau", denn trotz Scheidung kommen die beiden doch nicht recht voneinander los.
In den Filmen von Lars Jessen ("Am Tag als Bobby Ewing starb") können sich Schauspieler auch in kleinen Rollen immer von ihrer besten Seite zeigen. Die Besetzung gerade auch der Nebenfiguren (hier vor allem Petra Kelling als Heins Mutter) ist nicht zuletzt deshalb so wichtig, weil sie oft entscheidend in die Handlung eingreifen; etwa beim Wettpulen zwischen Mona und Mutter Schüpp. Gerade in diesen Momenten zeigt sich, welch großer Gewinn die Marokkanerin Sanaa Alaoui für den Film ist; sie schmückt ihn nicht bloß, sie ist sein Dreh- und Angelpunkt.
Auch wenn man streng genommen nicht nachvollziehen kann, was die hübsche Dolmetscherin an dem wortkargen, ewig mürrischen und auch nur bedingt attraktiven Friesen findet: Jessen und Speck erzählen die schwierige Romanze wunderbar warmherzig und voller Humor. Außerdem ist "Fischer fischt Frau" nicht einfach eine Komödie, im Grunde überwiegen sogar die nachdenklichen Momente. Selbst die komischen Szenen sind von großer Menschlichkeit, zumal es keine Gegenfiguren gibt; sogar Heins Ex-Frau Rieke ist liebenswert. Witzig ist der Film trotzdem, außerdem einfallsreich, liebevoll inszeniert und von ganz eigenem Charme; wie die Menschen in Ostfriesland.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).