Syrische Armee beschießt weiter Wohngebiete in Hama
Rauch verhüllt die Innenstadt, Bewohner fliehen, Verwundete können nicht versorgt werden: Wie Augenzeugen berichten, geht das Regime von Präsident Assad weiter brutal gegen die Stadt Hama vor. Der internationale Druck auf Syrien wächst - doch der UN-Sicherheitsrat ringt noch immer um eine gemeinsame Position.

Die syrischen Streitkräfte haben ihren Beschuss von Wohngegenden in Hama am späten Dienstagabend fortgesetzt. Aktivisten sagten der Nachrichtenagentur dpa, Bewohner seien unter Treppen und in Schutzräume geflüchtet. Rauch bedecke die Innenstadt von Hama. Krankenwagen könnten weder zu Toten noch zu Verwundeten durchkommen, berichtete ein Aktivist in Damaskus.

Mit Panzern gegen Demonstranten

Die Panzer konzentrierten ihr Feuer auf Gebiete in der Nähe von Moscheen, um nächtlich Proteste zu verhindern. Die Protestbewegung gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad hatte erklärt, sie wolle während des Fastenmonats Ramadan jede Nacht demonstrieren.

Die Militärkampagne in Hama ging am Dienstag in ihren dritten Tag. Es blieb weiter schwierig, nachprüfbare Informationen zu bekommen. Beim Beschuss mit Panzergranaten seien mindestens fünf Menschen getötet worden, berichteten syrische Aktivisten am Dienstag im Internet. Am Sonntag hatte es bei Angriffen möglicherweise rund 100 Tote gegeben.

Das staatliche Nachrichtenagentur Sana meldete indes, dass "bewaffnete Gruppen von Saboteuren" den Justizpalast in Hama gestürmt hätten. "Hunderte von vermummten Männern auf Motorrädern" hätten das Gebäude überfallen und in Brand gesteckt. Das staatliche Fernsehen zeigte Bilder bewaffneter Zivilisten auf einem Platz in Hama. In einer Menschenmenge waren einige Männer zu sehen, die Gewehre oder Schwerter trugen.

Nach Angaben von Menschenrechtsbeobachtern vom Dienstag waren am Vortag durch die Gewalt des Regimes in ganz Syrien 24 Menschen getötet worden, davon 10 in Hama. Nach dem Fastenbrechen am Montag, dem ersten Tag des Fastenmonats Ramadan, waren Zehntausende Menschen auf die Straße gegangen, um den Rücktritt von Präsident Assad und seiner Gefolgsleute zu verlangen.

Italien ruft seinen Botschafter in Damaskus wegen der andauernden brutalen Gewalt zu Konsultationen nach Rom zurück. Außenminister Franco Frattini schlug zugleich vor, dass alle EU-Länder diesem Schritt folgen. Das teilte das italienische Außenamt am Dienstag in Rom mit. Es sprach von einer "entsetzlichen Repression" in Syrien.

Vorerst keine UN-Resolution gegen Syrien

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen stieg nach zähen Verhandlungen am Dienstag erstmals in konkrete Textverhandlungen ein. Nach langen Gesprächen konnte sich das mächtigste UN-Gremium zwar noch nicht auf ein einheitliches Handeln gegenüber Syrien einigen. Allerdings gelang es nach Angaben aus westlichen Diplomatenkreisen erstmalig, in ernsthafte Gespräche zu einer möglichen Reaktion auf die eskalierende Gewalt in Syrien einzusteigen.

Grundlage für die Beratungen war zunächst der seit bereits zwei Monaten vorliegende Resolutionsentwurf der europäischen Mitglieder des Sicherheitsrates. Laut Teilnehmerkreisen gelang es den Europäern, die bislang eher zögerlichen Regierungen Indiens, Brasiliens und Südafrikas aktiv in die Textverhandlungen einzubeziehen. Es hieß, dadurch sei überhaupt erst ein Einstieg in Verhandlungen mit Russland und China möglich geworden. Russlands UN-Botschafter Witali Tschurkin trat nach dem Verhandlungsmarathon allerdings vor die Presse und verkündete nur, dass es keine Ergebnisse gegeben habe.

Auch wenn der amtierende deutsche UN-Botschafter Miguel Berger den Beginn der Textverhandlungen als einen ersten Fortschritt bezeichnete, so dämpfte er am Rande der Sitzung allerdings die Erwartungen: "Wir haben uns zwar auf einen Text als Verhandlungsgrundlage geeinigt - in diesem sind allerdings noch einige substanziell strittige Punkte enthalten. Hier müssen wir noch Lösungen finden." Es hieß, dass man jetzt zunächst die Hauptstädte mit dem vorläufigen Zwischenstand befassen wolle. Am Mittwochvormittag sollten die Verhandlungen um 10 Uhr New Yorker Zeit (16 Uhr deutscher Zeit) weitergehen.

dpa