Russland blockiert Syrien-Resolution
Der UN-Sicherheitsrat will sich am Montagabend mit Syrien befassen. Der Entwurf für eine Resolution gegen die Gewalt liegt vor. Doch China und Russland blockieren sie bisher mit ihrem Veto. Die blutigen Gewaltexzesse setzen die Führung in Moskau jetzt zunehmend unter Druck. Längst gibt es auch Gespräche zwischen russischen Diplomaten und Syriens Opposition.
01.08.2011
Von Ulf Mauder

Das Massaker in der syrischen Oppositions-Hochburg Hama lenkt die Augen der Weltöffentlichkeit auch wieder nach Russland. Nicht nur, weil T-72-Panzer russischer Bauart gegen Demonstranten auffahren und weil Moskau seit langem wichtiger Waffenlieferant für Syrien ist, gerät das Land unter Druck. Vor allem Moskaus beharrliche Blockade einer Resolution gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad lässt die internationale Gemeinschaft mit Unverständnis dastehen. Doch auch Russlands Geduld mit Assad dürfte nicht endlos sein.

Schon im Juni ließ Regierungschef Wladimir Putin bei einem Besuch in Paris durchblicken, dass Russland den alten Verbündeten Assad nicht um jeden Preis halten werde. Zwar lehnt Russland nach außen bisher weiter jede Einmischung ab. Die Krise sei eine innere Angelegenheit Syriens und keine Bedrohung für die Region, heißt es allenthalben. Auch verurteilte das Außenministerium in Moskau am Montag das Blutbad in Hama. Allerdings forderte die russische Seite nicht nur die Regierung in Syrien, sondern ausdrücklich auch die Opposition zur Zurückhaltung auf.

Deutlicher Reform-Appell an Syrien

Im Hintergrund laufen längst Gespräche russischer Diplomaten mit syrischen Oppositionellen. Das zeigt aus Sicht von Beobachtern, dass auch Russland inzwischen an einem politischen Überleben Assads starke Zweifel hat. Zudem merkt das Moskau immer stärker, dass den Reformversprechen Assads keine Taten folgen.

Dabei war gerade auch Putins in Paris geäußerter Reform-Appell an Syrien mehr als deutlich. Der seit 40 Jahren in Syrien ausgeübte politische Druck habe in einer modernen Welt keinen Platz. "Ich hoffe, die syrische Führung versteht das und zieht die nötigen Schlüsse", sagte Putin. Zugleich machte er überraschend deutlich, dass Russland - im Gegensatz zu früher, zu Sowjetzeiten - "keine besonderen Interessen" dort mehr habe.

"Keine Militärbasen, keine Großprojekte, keine milliardenschweren Kapitalanlagen, die wir verteidigen müssen. Dort gibt es nichts!", betonte der russische Regierungschef. Zwar bestätigten russische Militärs nach Medienangaben wiederholt, dass Russland in der syrischen Stadt Tartus einen Stützpunkt habe, den es als einzigen im Mittelmeer halten wolle. Doch betonen Experten, dass es sich dabei wohl eher nur um eine material-technische Basis für die Reparatur von Kriegsschiffen handele, als um einen echten Militärstützpunkt.

Die Geduld mit dem Verbündeten schwindet

Moskaus Gespräche mit der syrischen Opposition und Putins Syrien-Äußerungen seien ein Zeichen dafür, dass die russische Position sich wandeln könne, kommentiert die Arabistin Jelena Suponina bei der Staatsagentur Ria Nowosti. Noch nie habe Russland so viel Druck auf den Verbündeten Syrien wie jetzt ausgeübt. "Auch wenn Russland bisher das syrische Regime noch zu seinen Verbündeten zählt, so schwindet die Geduld doch", meint Suponina.

Gleichwohl ist ein Ende der Blockade im Weltsicherheitsrat gegen eine Syrien-Resolution vorerst nicht in Sicht. Immerhin hatte Putin die westlichen Militäreinsätze in Libyen sogar mit einem "mittelalterlichen Kreuzzug" verglichen, bei dem es nur um den Zugriff auf Öl und andere Bodenschätze gehe. Hinzu kommt, dass Russland im Dezember ein neues Parlament und im März einen neuen Präsidenten wählt. Traditionell gilt das Land in solchen Zeiten als nicht sehr entscheidungsfreudig in außenpolitischen Fragen.

Zwar war Kremlchef Dmitri Medwedew international dafür gelobt worden, dass Russland die Libyen-Resolution nicht verhindert hatte. Doch seit Beginn der westlichen Offensive in Libyen rügt Moskaus Führung fast täglich die Gewalt dort - im Stile Putins. Medwedew hingegen gilt vielen Kommentatoren vor der Präsidentenwahl 2012 als "lahme Ente" der Politik. "Ich werde eine Syrien-Resolution nicht unterstützen, auch wenn mich meine Freunde und Bekannten dringend bitten", zitierte die Zeitung "Kommersant" Medwedew am Montag.

dpa