Der Stuttgart-21-Schlichter Heiner Geißler ist gegen einen neuen Stresstest, wie ihn die Gegner des Milliardenprojekts fordern. Auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte am Donnerstag eine neue Simulation ins Spiel gebracht. Doch der frühere CDU-Generalsekretär Geißler sagte am Freitag unmittelbar vor der Präsentation und Erörterung der Ergebnisse des Belastungstests für den geplanten Tiefbahnhof: "In dem Verfahren kann man keinen neuen Stresstest verlangen."
Die Bahn lehnt die Forderung ohnehin weiter ab. "Ich gehe nicht davon aus", dass es einen neuen Test geben wird, sagte Bahn-Technikvorstand Volker Kefer dem Fernsehsender Phoenix. Die Bahn habe nach allen Regeln der Kunst den Nachweis geführt, dass der an Stelle des jetzigen oberirdischen Kopfbahnhofs geplante Tiefbahnhof zur morgendlichen Hauptverkehrszeit 49 Züge pro Stunde abfertigen könne. "Wir haben genug Transparenz geleistet."
Auch Projektsprecher Wolfgang Dietrich sagte der Nachrichtenagentur dpa mit Bezug auf die Forderung nach einem neuen Test: "Warum sollten wir das jetzt machen? Eine neue Simulation können wir in einem Jahr mal wieder machen." Das gutachtende Schweizer Verkehrsberatungsbüro sma habe "klipp und klar" festgestellt, dass die Unstimmigkeiten im Stresstest auf das Gesamtergebnis keinen Einfluss habe.
Schlichter Geißler: Der Stresstest wurde einwandfrei durchgeführt
Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne), ein strikter Stuttgart-21-Gegner, verlangt jedoch eine Überprüfung des Stresstests, an der die Gegner beteiligt werden. Das Ministerium unterstütze die Empfehlung des Ingenieurbüros sma, "die Unstimmigkeiten aufzuarbeiten und auszuräumen und das Ergebnis in einem weiteren Simulationslauf abzusichern", heißt es in einem Papier des Ressorts.
Schlichter Geißler sagte im ZDF-"Morgenmagazin", der Stresstest sei einwandfrei durchgeführt worden. "Nur werden die (von der Bahn zugrunde gelegten) Prämissen angefochten. Und ob das berechtigt ist, darüber müssen wir heute sprechen." Geißler stellte aber auch klar, dass der neue Bahnhof nur sinnvoll ist, wenn er die Pünktlichkeit der Züge zu verbessern hilft. "Wir müssen heute Übereinstimmung erzielen in der Absicht, dass auch der neue Bahnhof Verspätungen abbauen kann."
Angesichts des Wechsels von Schwarz-Gelb zu Grün-Rot im Südwesten und des angestrebten Volksentscheids werde "es für die Bahn sehr schwer sein, in diesem Umfeld die ursprüngliche Planung durchzuführen". Mit Blick auf die Absicht der Grünen, einen Ausstieg des Landes aus der Finanzierung zu erreichen, sagte Geißer, andererseits 2darf man die Bahn nicht im Regen stehen lassen, denn sie ist ja nicht verantwortlich für die Veränderung der politischen Situation".
CDU: "Eiertanz in der baden-württembergischen Landesregierung"
Der neue Chef der Südwest-CDU, Thomas Strobl, sieht für eine weitere Prüfung des Bahnprojekts wenig Spielraum, schließt sie aber auch nicht aus. "Darüber wird man sich heute unterhalten, ob es erneute Untersuchungen geben muss", sagte er im Deutschlandradio Kultur. Den Gegnern des Projekts warf Strobl vor, Ergebnisse nur zu akzeptieren, wenn diese der eigenen Meinung entsprächen: "Wir werden nicht bis zum Sankt Nimmerleinstag erneut Gutachten, erneut Schlichtungsverfahren machen können."
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) habe das Ergebnis der Prüfung anfangs noch akzeptiert. "Inzwischen hat er seine Meinung geändert. Das ist ein bisschen ein Eiertanz in der baden-württembergischen Landesregierung", kritisierte Strobl. Mehr als 40 Befürworter und Gegner nehmen an dem Treffen im Stuttgarter Rathaus unter Leitung des Moderators Geißler teil. Thema ist das Gutachten der Schweizer Ingenieurfirma sma über die Leistungsfähigkeit des geplanten Tiefbahnhofs. Bereits am Donnerstag vor einer Woche war bekanntgeworden, dass nach Meinung der Verkehrsberater die Vorgaben zur Leistungsfähigkeit des neuen Bahnhofs erfüllt werden.