TV-Tipp: "Nora Roberts: Im Licht des Vergessens" (SWR)
Ein Unbekannter dringt in das Leben einer jungen Polizistin ein. Der Mann weiß alles über sie und scheint sie auf Schritt und Trott zu beobachten. Phoebe fürchtet um das Leben ihrer Tochter.
29.07.2011
Von Tilmann P. Gangloff

"Nora Roberts: Im Licht des Vergessens", 1. August, 20.15 Uhr im SWR Fernsehen

"High Noon" lautet der ungleich intelligentere Originaltitel eines Romans von Nora Roberts, den der deutsche Verlag belanglos "Im Licht des Vergessens" nannte; und so heißt nun auch der Film. Dabei geht es, wenn überhaupt, weniger um Vergessen, sondern um Vergebung. "High Noon" wiederum ist der Schlüssel zur Aufklärung eines Falls, der die junge Polizistin Phoebe (Emilie de Ravin), Verhandlungsspezialistin bei Geiselnahmen, vor eine fast unlösbare Aufgabe stellt: Ein Unbekannter dringt in ihr Leben ein. Der Mann weiß alles über sie und scheint sie auf Schritt und Trott zu beobachten. Phoebe fürchtet um das Leben ihrer Tochter, aber auch ihr neuer Freund (Ivan Sergei) entgeht nur knapp einem Mordanschlag.

Zunächst hält sie einen missgünstigen Kollegen für den Schuldigen: Der Streifenpolizist hatte ein Problem mit weiblicher Autorität und sie im Treppenhaus des Reviers verprügelt. Dann aber offenbart sich ein Unbekannter, der sich "Cooper" nennt, als Drahtzieher des Komplotts. Bei den verschiedenen Tatorten haben die Polizisten Uhren gefunden, die auf 12 Uhr standen. Als Phoebe ihrem Chef die Melodie vorsummt, die ein harmloser einsamer Spaziergänger mit Hund nachts vor ihrem Haus pfeift, wird schlagartig klar, in welcher Gefahr sie schwebt: Es ist die Titelmelodie aus dem Western "12 Uhr mittags" ("High Noon"); mit Gary Cooper.

Gefühl und Spannung halten sich die Waage

Wie stets bei Nora Roberts halten sich Gefühl und Spannung die Waage. Die Beziehung zwischen Phoebe und Barbesitzer Duncan hat genug Potenzial für ein romantisches Drama: Der Lottomillionär argwöhnt zu Recht, die Frauen seien bloß hinter seinem Geld her; die alleinerziehende Phoebe wiederum hat von den Männern eigentlich die Nase voll. Davon abgesehen sind die hübsche Emilie de Ravin und der schmucke Ivan Sergei ein äußerst attraktives Paar. Außerdem beschert der romantische Erzählstrang ein Wiedersehen mit Cybill Shepherd als Phoebes Mutter, die sich seit einem Überfall nicht mehr aus dem gemeinsamen Haus traut.

Geschickt führen Buch (Terri Kopp) und Regie (Peter Markle) die beiden Handlungsebenen zusammen, als Phoebe endlich rausfindet, dass sich hinter dem Decknamen "Cooper" ein früherer Kollege verbirgt, der sich an ihr rächen will, weil seine Freundin bei einer Geiselnahme verblutet ist. Als Ort für den "Showdown" wählt Cooper ausgerechnet den Juwelier, bei dem Duncan die Eheringe kaufen will.

Der Reiz der Geschichte liegt vor allem in ihrer raffinierten Dramaturgie, weil Kopp und Markle immer wieder vertikale Spannungshöhepunkte (die verschiedenen Geiselnahmen) mit einer kontinuierlich gesteigerten horizontalen Erzählebene kombinieren; vom Hochspannungsfinale ganz zu schweigen. Und während amerikanische Fernsehfilme hierzulande oft künstlich klingen, ist die Synchronisation in diesem Fall bemerkenswert gut gelungen.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).