TV-Tipp des Tages: "Diamantenhochzeit" (ZDF)
Selten ist eine Hochzeit derart mutwillig von Drehbuchautoren sabotiert worden. Im Verlauf der Handlung kommt es zu gleich drei versehentlich herbeigeführten Todesfällen, und einer ist absurder als der andere.
27.07.2011
Von Tilmann P. Gangloff

"Diamantenhochzeit", 27. Juli, 23.15 Uhr im Zweiten

Diese Geschichte ist so haarsträubend, dass sie sich unmöglich in gebotener Kürze zusammenfassen lässt: Selten ist eine Hochzeit derart mutwillig von Drehbuchautoren sabotiert worden. Im Verlauf der Handlung kommt es zu gleich drei versehentlich herbeigeführten Todesfällen, und einer ist absurder als der andere. Das fällt aber kaum auf, weil die gesamte Handlung so grotesk ist. Dabei beginnt alles ganz harmlos: Alexander (Jörg Pohl) und seine Verlobte Julia (Marleen Lohse) wollen heiraten. Das Unglück nimmt seinen Lauf, als der Bräutigam seinen kleinkriminellen Vater abholen soll, denn Manfred ist einer dieser typischen Filmversager, in deren Leben schief geht, was nur irgendwie schief gehen kann. Martin Brambach spielt diese Rolle mit einer Hingabe – diesmal ans Ungemach -, wie sie so typisch ist für alle seiner Figuren.

Irrwitzig turbulente Geschichte

Schon allein die Dialoge sind irrwitzig, weil Manfred immer wieder versucht, jede noch so verfahrene Situation irgendwie schönzureden. Diesmal aber hat er es wirklich zu weit getrieben: Die Abfahrt zur Kirche verzögert sich, weil ein Schmuggler auf Manfreds Klo erst noch eine Handvoll Diamanten ausscheiden muss. Als sich beim Herumgefuchtel mit einer Pistole aus dem Zweiten Weltkrieg ein Schuss löst, stehen Vater und Sohn plötzlich mit einer Leiche da. Zu allem Überfluss taucht auch noch der Gangster auf, dem Manfred die Steine überbringen soll. Der Mann lässt sich zwar abwimmeln, doch das Problem mit dem Toten ist dadurch noch nicht gelöst.

Also rein mit dem Leichnam in den Kofferraum und endlich die Braut und ihre Schwiegereltern aus dem Hotel abgeholt. Die haben jedoch ihr Gepäck dabei, aber der Kofferraum ist ja bereits besetzt; und so geht es weiter in dieser irrwitzig turbulenten Geschichte (Buch: Georg Piller und Tilmann Warnke), in deren Verlauf nach weiteren versehentlichen Schüssen ein weiterer Mann im Kofferraum landet und sich Alexanders Eltern (die Mutter spielt Anja Franke) hemmungslos sowie mit allen Waffen um die Diamanten streiten; aber die müssen erst mal aus dem Bauch des Toten entfernt werden.

Michael Kupczyk inszeniert die Komödie in angemessenem Tempo, die Schauspieler haben sichtlich Spaß an ihren überdrehten Figuren. "Diamantenhochzeit" ist ein Film aus der Reihe "Gefühlsecht" der Redaktion "Das kleine Fernsehspiel", die ihre Werke sonst immer erst nach Mitternacht zeigen darf. Diesmal geht’s immerhin schon um 23.15 Uhr los. Wer einmal einschaltet, wird erst um halb eins ins Bett kommen.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).