Herber Rückschlag im wochenlangen Gezerre um die Erhöhung des US-Schuldenlimits: Eine gute Woche vor einem möglichen Staatsbankrott haben die Republikaner wegen eines Streits um Steuererhöhungen überraschend die Verhandlungen mit dem Weißen Haus platzen lassen. Präsident Barack Obama zeigte sich enttäuscht und höchst verärgert. Es sei "schwer zu verstehen", weshalb der republikanische Präsident des Repräsentantenhauses, John Boehner, die Gespräche verlassen habe, sagte Obama am Freitag (Ortszeit).
Der Präsident bestellte führende Kongresspolitiker, darunter auch Boehner, für 11.00 Uhr Samstagvormittag Ortszeit (17.00 Uhr MESZ) ins Weiße Haus ein, um das weitere Vorgehen zu beraten. "Ich erwarte eine Antwort, wie wir die Sache über die nächste Woche hinbekommen", sagte Obama. Die jüngsten Sparvorschläge der Regierung seien "außerordentlich fair" gewesen. Boehner sagte sein Kommen zu.
Obama gibt sich betont optimistisch
Die Uhr tickt: Falls es bis zum Stichtag 2. August keine Einigung auf eine Erhöhung der Schuldenobergrenze von 14,3 Billionen Dollar (zehn Billionen Euro) geben sollte, droht der größten Volkswirtschaft der Welt die Zahlungsunfähigkeit.
Obama gab sich dennoch optimistisch, dass die USA nicht in den Staatsbankrott abstürzen. "Ich bin zuversichtlich, dass die Schuldenobergrenze angehoben wird und wir nicht zahlungsunfähig werden", betonte der Präsident. Zuvor hatte sich der Präsident mit Finanzminister Timothy Geithner, Notenbankchef Ben Bernanke und dem Chef der New Yorker Notenbankfiliale, William Dudley, getroffen. Sie wollten Strategien für den Fall zu beraten, dass der Kongress sich einer Anhebung verweigert, wie die "New York Times" meldete.
Als Bedingung für eine Anhebung des Schuldenlimits fordern die Republikaner drastische Sparmaßnahmen vor allem im Sozialbereich. Besonders Anhänger der populistischen "Tea-Party-Bewegung" lehnen jegliche Steuererhöhungen kategorisch ab. Eine Lösung ist vor allem durch das parlamentarische Patt schwierig: Die Republikaner haben im Abgeordnetenhaus eine Mehrheit, die Demokraten im Senat.
Verhandlungen wie mit "Wackelpudding"
Gespräche mit dem Weißen Haus seien wie Verhandlungen "mit einer Schüssel Wackelpudding", kritisierte der Präsident des Repräsentantenhauses. "Es ist nicht im besten Interesse unseres Landes, inmitten dieser schwierigen Wirtschaftslage Steuern zu erhöhen", sagte Boehner. Der Regierung sei es mit Kürzungen und einer Reform der Sozialausgaben "einfach nicht ernst". Er kündigte an, statt mit dem Weißen Haus nun mit den Spitzen des Senats verhandeln zu wollen. In einem Brief an Kongressabgeordnete schrieb der Republikaner: "Nie ist es zu einem Deal gekommen, und nie waren wir einem wirklich nahe."
Nach den Worten von Präsident Obama hatte er den Republikanern zuletzt vorgeschlagen, mehr als eine Billion Dollar (700 Milliarden Euro) bei den Staatsausgaben zu kappen, neben 650 Milliarden Dollar bei Sozialversicherung und Gesundheitsprogrammen. Zugleich sollten ohne Steuererhöhungen 1,2 Billionen Dollar zusätzlich eingenommen worden, etwa durch das Stopfen von Schlupflöchern. Obama sagte, er sei auch bereit gewesen, erhebliche Kritik aus der eigenen Partei in Kauf zu nehmen. Den Republikern warf er derweil vor, "wegzulaufen", wenn es darum gehe, eine schwierige Aufgabe zu bewältigen.