Somalia: Kirchen rufen zum Spenden auf
Die Vereinten Nationen wollen ihre Nothilfe für Hungernde in Somalia trotz erneuter Drohungen militanter Islamisten fortsetzen. Mehrere UN-Hilfswerke erklärten am Freitag in Genf und Nairobi, die Einsatzpläne würden nicht beeinträchtigt. Derweil steigt die Zahl der Hunger-Toten. Die beiden großen Kirchen in Deutschland sowie Bundespräsident Wulff riefen zu Spenden auf. Die Bundesregierung erwägt, die bisher gewährte 15,5 Millionen Euro Nothilfe weiter aufzustocken.

Die Islamisten der Al-Schabaab-Bewegung, die große Teile Somalias kontrollieren, hatten am Donnerstagabend in der somalischen Hauptstadt Mogadischu die Hungersnot als Propagandalüge bezeichnet. Ein Sprecher nahm zuvor gemachte Zusagen, allen Hilfsorganisationen freien Zugang zu gewähren, zurück.

Der für Ostafrika zuständige UNICEF-Regionaldirektor Elhadj As Sy erklärte dazu am Freitag in Nairobi, derzeit gebe es keinerlei Hinweise darauf, dass die neue Erklärung der Al Schabaab die Arbeit beeinflussen werde. "Wir werden aber natürlich wachsam beobachten, dass unsere Hilfe die Bedürftigen erreicht und unsere Mitarbeiter sicher sind."

Ähnlich äußerte sich das Welternährungsprogramm in Genf. Al Schabaab sei keine einheitliche Organisation. Widersprüchliche Aussagen zum Zugang für Hilfsorganisationen habe es bereits früher gegeben, sagte ein Sprecher. Die UN-Organisation plant den Aufbau einer Luftbrücke nach Mogadischu, um 2,2 Millionen Menschen im Süden Somalias zu versorgen. Dort ist die Not am schlimmsten. Islamisten hatten ausländische Hilfsorganisationen von dort vertrieben. In anderen Teilen Somalias versorgt die UN-Organisation bereits 1,5 Millionen Menschen mit Lebensmitteln.

Appell der Kirchen: Bitte spenden und beten 

Vor Hunger und Krieg flüchten weiter Tausende Somalier über die Grenze. Oft sind sie völlig erschöpft und ausgezehrt. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR starben allein am Dienstag im äthiopischen Lager Dollo Ado, in dem 11.000 Flüchtlinge leben, 15 Menschen. Auch in Dadaab im Norden Kenias, wo sich rund 400.000 Flüchtlinge aufhalten, sterben mehr Menschen, vor allem Kinder.

[listbox:title=Spenden für Somalia[Diakonie Katastrophenhilfe: Konto 502 707, Postbank Stuttgart, BLZ 600 100 70. SMS mit NOT an 81190 (5 Euro Spende + SMS-Gebühr).##Caritas international: Konto 202, Bank für Sozialwirtschaft Karlsruhe, BLZ 660 205 00. SMS mit CARITAS an 81190.##Ärzte ohne Grenzen: Konto 97 0 97, Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 370 205 00.##UNICEF: Konto 300 000, Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 370 205 00.##Aktion Deutschland Hilft: Konto 10 20 30, Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 370 205 00. SMS mit ADH an 81190.##Kindernothilfe: Konto 45 45 40, KD Bank, BLZ 350 601 90.##Oxfam: Konto: 13 13 13 Bank für Sozialwirtschaft Köln BLZ 370 205 00.##Christoffel-Blindenmission: Konto 2020, Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 370 205 00.##Bündnis Entwicklung Hilft: Konto 51 51, Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 370 205 00]]

Seit Anfang des Jahres wurden in Kenia 100.000 somalische Flüchtlinge registriert, in Äthiopien 78.000. Auch in der somalischen Hauptstadt Mogadischu treffen täglich mindestens 1.000 Hilfe-Suchende ein, die aus den besonders schlimm betroffenen Dürreregionen kommen.

In einem eindringlichen Appell baten die evangelische und die katholische Kirche die Bundesbürger um Solidarität mit den Bedürftigen. "Bitte nehmen Sie sich ihre Not zu Herzen: Schließen Sie die Menschen in Ostafrika in Ihr Gebet ein und unterstützen Sie die Hungernden mit Ihrer Spende", erklärten der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider, und der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch.

Bundespräsident Christian Wulff hat zu Spenden für die Hungernden am Horn von Afrika aufgerufen. Die Nachrichten aus der Region seien schockierend, erklärte Wulff am Freitag: "Es ist wichtig, dass die Bundesregierung dort humanitäre Hilfe leistet." Aber auch jede Bürgerin und jeder Bürger könne mit einer Spende helfen. Die bewährten Hilfsorganisationen sorgten dafür, dass die Hilfe ankomme, ergänzte Wulff: "Wir alle sind aufgerufen, das Leiden der Menschen am Horn von Afrika zu mildern. Wir wissen aus Erfahrung, dass auch kleine Beträge von Vielen Großes bewirken."

Diakonie: "Hier kann man Menschen vor dem Tod retten"

Die Lage in Somalia sei in den letzten Jahren immer wieder aus dem Blick der Öffentlichkeit verschwunden, bemängelte die Direktorin der Diakonie Katastrophenhilfe, Cornelia Füllkrug-Weitzel. "Die Krise ist nicht ganz neu." Die Lage habe sich massiv zugespitzt, weil mehrere Regenzeiten sehr schwach ausgefallen oder ausgeblieben seien. "Jetzt ist die Situation umgekippt."

Die Pfarrerin appellierte an die Spendenbereitschaft der Bevölkerung, um das Elend am Horn von Afrika zu lindern. "Hier kann man Menschen vor dem Tod retten." Die Dramatik sei unvergleichlich größer als nach der jüngsten Tsunami- und Erdbebenkatastrophe in Japan. Nach Angaben der kirchlichen Hilfsorganisation steigt die Spendenbereitschaft der Deutschen immer dann, wenn die Welt von schweren Katastrophen erschüttert wird.

Die Diakonie Katastrophenhilfe hilft nach eigenen Angaben gegenwärtig rund 200.000 Menschen in Ostafrika. Das Hilfswerk stellt für mehr als 40.000 Menschen Trinkwasser bereit, verteilt Plastikplanen und Moskitonetze, baut Latrinen und installiert Wassertanks. Das Außenministerium Deutschlands unterstützt das Projekt. Aus eigenen Mitteln hat die Diakonie Katastrophenhilfe bisher über 700.000 Euro für Somalia und das Lager Dadaab an der Grenze zu Kenia bereit gestellt.

In ganz Ostafrika sind mehr als elf Millionen Menschen von Hunger bedroht. Die Bundesregierung steht nach den Worten von Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) in engem Kontakt mit dem Welternährungsprogramm und prüft eine Erhöhung der deutschen Mittel. Die Vereinten Nationen schätzen den Hilfe-Bedarf für die Hungernden in Ostafrika auf 1,6 Milliarden US-Dollar (1,1 Milliarden Euro). Davon hat die internationale Gemeinschaft erst etwa die Hälfte bereitgestellt. Neben Somalia sind auch Äthiopien, Kenia und der Sudan von der schwersten Dürre in der Region seit 60 Jahren betroffen.

epd/dpa/evangelisch.de