Thomas Hoeren vom Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht der Universität Münster warnt Unternehmen ausdrücklich vor Facebook: "Facebook ist gefährlich – und das nicht nur datenschutzrechtlich." Hoeren macht darauf aufmerksam, dass alle Regeln des Internetrechts auch für Facebook gelten. Zurzeit gebe es jedoch kaum ein Unternehmen, das die Impressumspflicht nach dem Telemediengesetz auf seinen Facebookseiten berücksichtigt. Es genüge nicht, wenn Händlerportale wie mobile.de nur ein allgemeines Portalimpressum erstellen. Sie müssen auch ein Händlerimpressum angeben.
Ein weiterer Punkt ist, dass die Facebookseiten dem Gegendarstellungsrecht genügen müssen, wenn das Unternehmen über ausgewählte Neuigkeiten berichtet oder Pressemitteilungen zugänglich macht. Kritisch sieht der Münsteraner Rechtsexperte auch gefälschte Aufrufe. Die können darin bestehen, dass ein Unternehmen die eigenen Mitarbeiter damit beauftragt unter Pseudonym für den Facebook-Auftritt zu werben. Fliegt eine derart verschleierte Werbung auf, führt dies "sofort zu wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüchen", warnt Hoeren.
Unternehmen sollten "Facebook meiden"
Für Thomas Hoeren steht fest: "Unternehmen haben dort nichts zu suchen, denn ihre Geschäftsinteressen beißen sich regelmäßig mit den Besonderheiten des Web2.0 und den dort gängigen interaktiv-privaten Umgangswünschen." Sein Fazit fällt daher hart aus: "Der Rat des Juristen kann nur sein, Facebook zu meiden."
Der Medienrechtler denkt, dass die juristischen Risiken mit einigem Aufwand lösbar sind.
Hoeren sagte gegenüber evangelisch.de: "Die Frage ist, ob sich der Ertrag den Aufwand lohnt." So sei es verständlich, dass ein Großkonzern wie Coca Cola seit Jahren in Social-Media-Diensten aktiv ist, doch für kleine und mittlere Unternehmen könnte sich das unter Umständen nicht lohnen. Hoeren hat auch ein Beispiel zur Hand: "Neulich habe ich die Facebookseite einer örtlichen Bank besucht: Zwölf Freunde konnte die Bank gewinnen, sieben Beiträge einstellen. Einer kam vom Vorstandsvorsitzenden." Und stellt die Frage: "Was bringt das?" Nach einschlägigen Veranstaltungen würden sich immer Leute finden, die "hinterher zugeben, dass Facebook eben gerade angesagt ist und dass man deshalb mitmache." Für Hoeren ist das eine Art Déja-Vu: "Mich erinnert das an die BMW-Dependance bei Second Life vor einigen Jahren, von der heute keiner mehr spricht."
Auch IT-Szene sieht Probleme
Kritik an Facebook wird auch aus der IT-Sicherheitsszene lauter. So verbreiten sich zunehmend so genannte Facebook-Scams. Dabei handelt es sich um gefälschte Nachrichten, die sich über die Freundesnetzwerke ausbreiten. Dazu gehörte die Nachricht von der angeblichen Einführung eines Dislike-Buttons oder Links, in denen Nutzer aufgefordert werden, einen schädlichen Javascript-Code in die Adresszeile ihres Browsers zu kopieren, um ihren Namen aus den Tags von Youtube-Videos zu löschen. Das vom IT-Sicherheitsunternehmen Sophos betriebene Blog "Naked Security" stellte im Mai an einem einzigen Tag gleich drei solcher Facebook-Scams fest.
Sicherheitsexperten kritisieren außerdem, dass nur Facebook allein weiß, wie viele Nutzer auf die Scams hereinfallen – die Zahlen aber nicht veröffentlicht. Jeder Klick der Nutzer bringt Facebook nämlich Geld. Gleichwohl führte das Unternehmen mittlerweile einige Sicherheitsmechanismen ein, die die Ausbreitung von Scams erschweren sollen.
Hacker nutzen Social Media
Die neueste Spam-Welle besteht aus Einladungen zu Events, bei denen die ersten 10.000 oder 100.000 Teilnehmer Geschenke wie iPhones und Energy Drinks erhalten sollen. Das Geschenk sollen die Nutzer dann erhalten können, wenn sie die Event-Teilnahme bestätigen und eine Anzahl von Freunden einladen. Die Spammer zielen jedoch auf persönlichen Daten wie Telefonnummer und Adresse, die Nutzer auf speziellen Seiten angeben sollen. Die Daten werden dann für weitere Zusendungen verwendet.
Auf ähnliche Weise versuchen Hacker auch Informationen über Nutzer zu erfahren, die beim Eindringen in Unternehmensnetzwerke behilflich sein könnten. Dazu könnten beispielsweise der Name des Haustiers und das eigene Geburtsdatum zählen, da viele Nutzer aus solchen Daten ihre Passwörter generieren. Dagegen hilft kein Mechanismus, sondern nur der gesunde Menschenverstand.
Christiane Schulzki-Haddouti lebt und arbeitet als freie Journalisitin in Bonn.