Westerwelle gegen Zeitplan für Afghanistan-Abzug
Die internationalen Truppen in Afghanistan übergeben in dieser Woche die ersten Gebiete an einheimische Sicherheitskräfte. Grund für Westerwelle, den Hindukusch zu besuchen. Auf einen Zeitplan für den Abzug der Bundeswehr will er sich nicht festlegen.

Außenminister Guido Westerwelle hat einen konkreten Zeitplan für den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan abgelehnt. "Es wäre nicht wirklich klug zu sagen, wo und in welchem Monat welche Truppenteile reduziert werden", sagte er zu Beginn eines Überraschungsbesuchs in Afghanistan am Donnerstag. Ein solches Vorgehen wäre "geradezu eine Einladung" an die Aufständischen, "besonders dort mit ihren Gewalttaten aktiv zu werden". In Kabul will Westerwelle unter anderen Präsident Hamid Karsai und den neuen Kommandeur der internationalen Schutztruppe Isaf, John Allen, treffen.

Die Bundesregierung will Ende des Jahres mit dem Abzug der mehr als 5.000 deutschen Soldaten aus Afghanistan beginnen. Bis Ende 2014 sollen alle Kampftruppen zu Hause sein. Aus der Opposition war die Forderung laut geworden, konkrete Abzugsschritte für die nächsten Jahre festzulegen.

"Neuer Abschnitt in unserer Afghanistan-Politik"

Anlass für die Reise Westerwelles ist die Übergabe der ersten sieben Städte und Distrikte in afghanische Sicherheitsverantwortung. Mit der Provinzhauptstadt Masar-i-Scharif befindet sich darunter auch ein Gebiet im Zuständigkeitsbereich der Bundeswehr. "In dieser Woche beginnt ein neuer Abschnitt in unserer Afghanistan-Politik", sagte Westerwelle. "Die Abzugsperspektive, sie wird jetzt konkret." Die internationalen Truppen seien jetzt zehn Jahre in Afghanistan. "Es können nicht noch weitere zehn Jahre werden." Westerwelle rechnet allerdings auch mit weiteren Rückschlägen. "Darauf müssen wir uns realistischerweise einstellen."

Das Treffen mit Allen findet nur wenige Tage nach der Kommandoübergabe bei der Isaf statt. Der 57-jährige US-General hat am Montag die Einsatzführung von David Petraeus übernommen, der CIA-Chef wird. Allens Aufgabe wird es sein, die Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die Afghanen weiter voranzutreiben und die schrittweise Verkleinerung der zurzeit noch 140.000 Soldaten starken Isaf zu organisieren. Die USA schreiten dabei als größter Truppensteller voran und wollen bis Sommer 2012 ein Drittel ihrer rund 100.000 Soldaten aus Afghanistan abziehen.

Bei den Gesprächen Westerwelles in Kabul wird es auch um die Vorbereitung der Afghanistan-Konferenz in Bonn gehen, zu der am 5. Dezember rund 90 Außenminister erwartet werden. Den Vorsitz wird der afghanische Außenminister haben, obwohl Deutschland Gastgeber ist. Bei der Konferenz wird es auch schon um die Vorbereitung der Zeit nach 2014 gehen, wenn die Isaf-Kampftruppen das Land verlassen haben.

dpa