Expertin: Verbot von Online-Glücksspiel bringt nichts
Glücksspiele im Internet boomen, obwohl sie in Deutschland verboten sind. Wer im Netz was spielt, ist kaum kontrollierbar. Die Suchtprävention will hier gegensteuern. Ein Verbot wäre aber schlicht nicht umsetzbar.
20.07.2011
Von Annett Gehler

Die Thüringer Suchtexpertin Claudia Kirschner plädiert für ein staatliches Glücksspielangebot im Internet. "Online-Glücksspiele lassen sich mit dem derzeit geltenden Verbot nicht verhindern, das ist unrealistisch", sagte die Leiterin der Thüringer Fachstelle Glücksspielsucht in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa in Erfurt. Sie rechnet damit, dass die Zahl der Online-Spieler sogar weiter steigt. Mit einem staatlichen Anbieter könnten diese ausreichend geschützt und strikt kontrolliert werden. "Aus suchtpräventiver Sicht ist ein staatliches Spielangebot im Netz der Vergabe von Lizenzen an private Anbieter vorzuziehen."

Die Bundesländer wollen in einem neuen Glücksspielstaatsvertrag von 2012 an unter anderem den Milliarden-Sportwettenmarkt unter strengen Auflagen für private Anbieter öffnen. Bis zu sieben private Wettfirmen sollen bundesweit eine Lizenz erhalten, die dann ihre Angebote gleichfalls im Internet offerieren könnten. Die EU-Kommission machte allerdings erhebliche Bedenken gegen die geplanten Regelungen geltend.

"Wettbörsen versprechen die Märkte der Zukunft zu sein, da wird es erhebliche Zuwächse geben", sagte die Thüringer Suchttherapeutin. Eine Kanalisierung des Spieltriebes sollte daher auch online erfolgen.

Die meisten Spieler wissen nicht, dass sie illegal handeln

Trotz des momentan in Deutschland geltenden Verbotes von Glücksspielen im Internet floriert nach Einschätzung von Kirschner das Geschäft. Von den rund 2500 einschlägigen Websites seien 550 deutschsprachige Angebote. "Weltweit machen diese Anbieter vier bis fünf Prozent des gesamten Glücksspielumsatzes." Den meisten Spielern an den heimischen Computern sei gar nicht bewusst, dass sie sich auf illegalem Terrain bewegten.

Die Suchtexpertin sieht Internet-Glücksspiele besonders kritisch, da diese leicht zugänglich und nur schwer zu kontrollieren sind. "Hinzu kommt eine permanente Verfügbarkeit und eine schier unendliche Bandbreite an Angeboten, die vom Poker über Casinospiele bis zu Wetten und Würfelspielen reichen", sagte Kirschner.

Außerdem würden die Angebote extensiv vermarktet. Die Anbieter seien dabei sehr erfindungsreich und nutzten beispielsweise soziale Netzwerke oder alternative Vertriebswege über Handys. Einer Studie der Universität Mainz zufolge spielen 8 bis 14 Prozent aller Jugendlichen regelmäßig Glücksspiele im Internet. Während 14-Jährige im Schnitt dabei 44 Euro im Monat verspielten, seien es bei den 18-Jährigen bereits 74 Euro monatlich, sagte Kirschner.

dpa