Nach fünf Jahren sind die Vereinten Nationen wieder ein Stück größer geworden. Die UN-Vollversammlung hat am Donnerstag den Südsudan als Teil der Weltgemeinschaft aufgenommen. Nur fünf Tage nach seiner Unabhängigkeit wurde der junge Staat Mitglied Nummer 193. Zuletzt war 2006 Montenegro in die 1945 gegründete UN aufgenommen worden.
Außenminister Guido Westerwelle hatte dem Sicherheitsrat, der in diesem Monat von Deutschland geleitet wird, am Tag zuvor den Südsudan als neues UN-Mitglied vorgeschlagen. Das mächtigste Gremium reichte diesen Antrag ohne Gegenstimmen an die Vollversammlung weiter, die eine Art Parlament der Nationen ist. Die 192 Delegierten stimmten dem Antrag per Akklamation zu, also durch einfache Kenntnisnahme ohne förmliche Abstimmung.
Ban: "Wir sind bei Ihnen"
"Ich heiße Sie in unserer Mitte willkommen", sagte der Präsident der Vollversammlung, der Schweizer Joseph Deiss. "Wir erleben gerade einen historischen Augenblick." Saaldiener führten den Abgesandten des neuen Mitglieds zu seinem Platz in dem Saal am New Yorker East River. Noch am selben Tag sollte vor dem UN-Komplex an der First Avenue die vielfarbige Fahne des neuen Mitglieds aufgezogen werden.
"Willkommen Südsudan! Willkommen in der Familie der Nationen!", sagte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. "Ich habe die Energie und den Willen zum Aufbau des Volkes gespürt", sagte der Koreaner, der bei der Staatsgründung in der Hauptstadt Juba dabei war. "Die am Mast emporsteigende Flagge symbolisierte die aufsteigende Hoffnung." Allerdings stehe das junge Land vor gewaltigen Herausforderungen. "Die Vereinten Nationen werden Ihnen zur Seite stehen in Ihrem Kampf für Frieden, Sicherheit und Wachstum." Das Hilfsangebot gelte für den Südsudan, aber auch für den Norden. "Wir sind bei Ihnen", sagte Ban.
Der Südsudan ist erst seit Samstag ein unabhängiger Staat. Der rohstoffreiche, aber kaum erschlossene "schwarze" Süden des größten Staates Afrikas hatte sich im Januar in einem Referendum mit großer Mehrheit für die Unabhängigkeit vom dominierenden, arabisch geprägten Norden entschieden. Vorangegangen war ein Bürgerkrieg mit zwei Millionen Toten. Zwischen den beiden Staaten Sudan und Südsudan gibt es erhebliche Spannungen. Deshalb sind die Vereinten Nationen gleich mit mehreren Missionen am Ort.
Die Internet-Domain für den Sudan ist noch nicht da
Zur endgültigen Anerkennung in der Welt der neuen Medien fehlt dem Südsudan aber noch eines: die Internetkennung. Während hinter deutschen Internetadressen das .de und hinter den sudanesischen ein .sd steht, wird das neue Land wohl noch eine Weile ohne eigene Adressendung auskommen müssen. Die Einrichtung einer solchen Top Level Domain (TLD) zieht sich nach Erfahrungen der Internet-Verwaltung ICANN länger hin. Im Fall von Montenegro war rund ein Jahr vergangen. Südsudan wird aller Voraussicht nach die Internetkennung .ss bekommen.
Das ehemals jugoslawische Montenegro war bislang das jüngste UN-Mitglied. Vier Jahre zuvor, 2002, waren Osttimor und auch Deiss' Heimat, die Schweiz, aufgenommen worden. Deutschland ist seit 1973 Mitglied der Weltgemeinschaft - damals noch doppelt als Westdeutschland und DDR, seit 1990 in der Regel einfach als "Germany".