Verteidigungsminister Thomas de Maizière bleibt auf sicherer Distanz zum Gaza-Streifen. Vom Hubschrauber aus lässt er sich am Mittwochmorgen von einem israelischen General die Lage in dem 14 mal 40 Kilometer großen Küstenstreifen erklären, in dem 1,4 Millionen Palästinenser leben. In der Nacht waren von dort drei Raketen auf israelisches Gebiet abgefeuert worden, nach Sonnenaufgang eine weitere. Die israelische Luftwaffe flog im Gegenzug Angriffe auf zwei Gebäude, die sie zuvor nach eigenen Angaben als Bombenwerkstätten identifiziert hatte.
Für die Menschen auf beiden Seiten der Grenze zwischen Israel und dem Gaza-Streifen ist das fast schon Alltag. De Maizière sieht die Gegend zum ersten Mal. Von Gaza aus fliegt er weiter nach Jerusalem. In einer Stunde überquert er das halbe Land. Nach der Ankunft ringt er um Worte, um seine Eindrücke zu beschreiben. Die Probleme, denen Israelis und Palästinenser gegenüberstünden, stellten sich ihm nun jedenfalls keineswegs leichter dar, sagt er. (Foto links: dpa/Olt Burkhard Schmidtke/Bundeswehr)
De Maizière ist der erste deutsche Verteidigungsminister seit drei Jahren, der Israel besucht. Die Antrittsreise fällt in eine kritische Phase des Nahost-Konflikts. Die Palästinenser haben damit gedroht, bei der UN-Vollversammlung im September die Anerkennung als Staat zu beantragen, falls der Friedensprozess nicht vorankommt. Die Lage im Nahen Osten könnte dann eskalieren.
Israel will keinen deutschen Bundeswehreinsatz
De Maizière hat sich vor der Reise für den Fall gewappnet, dass die Israelis Erwartungen an ihn richten könnten, die nicht ganz einfach zu erfüllen wären - etwa die Beteiligung an einer UN-Friedenstruppe. Bundeswehrsoldaten auf israelischem Boden - das galt aus historischen Gründen bisher als Tabu. De Maizière könnte man allerdings zutrauen, dass er sich an das Thema heranwagen würde. Der CDU-Politiker hat immer wieder gefordert, dass Deutschland sich in den Vereinten Nationen nicht aus der Verantwortung ziehen dürfe. Die Beteiligung an internationalen Missionen dürfe nicht nur nach nationalen Interessen beurteilt werden, lautet seine Linie.
De Maizière wird in Jerusalem und Tel Aviv aber gar nicht erst in die Verlegenheit gebracht, die Frage nach einem Bundeswehreinsatz zu beantworten. Sein Amtskollegen Ehud Barak macht ihm unmissverständlich deutlich, dass sein Land gut alleine zurecht kommt. De Maizière sagt nach dem Gespräch mit ihm, ein solcher Einsatz mache nur Sinn, wenn alle Seiten ihn "im Umfang und im Auftrag und in der Zeitdauer willkommen" hießen. "Davon sind wir, nach allem was ich bisher höre, weit entfernt."
Die israelische Sicherheitsdoktrin unter Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sieht nicht vor, die Verteidigung Israels in die Hände anderer zu legen. Zu groß ist das Misstrauen. Beispiel Libanon: Im Jahr 2000 zog sich Israel aus dem Südlibanon zurück. "Die UN-Friedenskräfte im Libanon sind daran gescheitert, den Waffenschmuggel zu verhindern", sagt Netanjahu heute.
Netanjahu: "EU-Beobachter über Nacht verdunstet"
Beispiel Gazastreifen: Ab 25. November 2005 halfen EU-Polizisten, den Grenzübergang Rafah zwischen Ägypten und dem Gazastreifen zu überwachen. Das ging gut, bis die radikal-islamische Hamas am 9. Juni 2007 mit blutiger Gewalt die Macht im Gazastreifen übernahm. "Die EU-Beobachter sind über Nacht verdunstet", spottet Netanjahu.
Die Skepsis gegen Blauhelme im Westjordanland ist deshalb in Israel groß. Wie effektiv können Blauhelme überhaupt sein? lautet die Frage. Denn die Friedenskräfte könnten militante Gruppen nicht daran hindern, Gewalt zu initiieren und beispielsweise Raketen auf Israel abzufeuern. Im Gegenzug seien Israel aber die Arme gebunden, zu reagieren und die Schuldigen zu verfolgen.
Statt um eine Friedensmission ging es bei den Gesprächen de Maizières viel mehr um Rüstungskooperation, gemeinsame Militärübungen oder die Lage in der arabischen Welt. Von einem weiteren schwierigen Thema, das damit zusammenhängt, wurde der Minister allerdings verschont. Die deutsche Diskussion über Panzerlieferungen an Saudi-Arabien berührt Israel kaum. Sorgen bereitet dort vor allem die Bedrohung aus dem Iran.
dpa