Votum, Psalm und Segen - auch für tote Haustiere?
Darf man Haustiere christlich bestatten? Ein Oberkirchenrat aus Hessen-Nassau hat das in einem Ratgeber nun neuerlich angeregt, die Idee selbst gibt es schon seit Jahren. Theologisch ist die Tierbestattung aber hochgradig umstritten.
12.07.2011
Von Karsten Packeiser

Mit Tieren kennt sich der evangelische Theologe Jens Feld bestens aus. In seinem Haus im Westerwald wimmelt es nur so davon: Dort leben ein Dackel mit Welpen, Zwergkaninchen, Pfautauben und mongolische Wüstenrennmäuse. In einem Terrarium hält Feld Stirnlappenbasilisken, kleine leguanartige Echsen. Unlängst hat der hessen-nassauische Oberkirchenrat einen Ratgeber ("Tiere haben eine Seele - Menschen einen Gott") veröffentlicht, dessen letzte Seiten es in sich haben: Darin stellt er nicht nur verschiedene Haustierarten vor, er regt auch an, sich über eine christliche Bestattung von Haustieren Gedanken zu machen. Wenn das Tier eine persönliche Beziehung zu seinem Besitzer aufgebaut habe - so wie bei einem Hund - stehe einer Trauerfeier auch theologisch betrachtet nichts im Wege.

Tatsächlich boomt in Deutschland seit Jahren das Geschäft mit Tierbestattungen. Bundesweit entstehen immer mehr Tierfriedhöfe und Tierkrematorien. Mit dem Bundesverband der Tierbestatter hat die Branche sogar eine eigene Lobbyorganisation. Viele Menschen empfänden intensive Trauer, wenn ein langjähriges Haustier sterbe, sagt Feld, aber ausgerechnet die Kirche biete keine Antworten auf die Seelennöte trauernder Tierhalter: "Wir sind hilflos, wir ignorieren diese Beziehung."

Nur ein "Impuls"

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Seine Vorschläge für einen christlichen Tier-Trauergottesdienst will Feld nur als Impuls verstanden wissen, aber er macht gleich eine Reihe konkreter Vorschläge: Nach dem Votum, einem Ausspruch, in wessen Namen der Gottesdienst gefeiert werde, könne ein Psalmwort folgen, darauf eine Ansprache. Anschließend könnte die Trauergemeinde mit dem Sarg zur Grabstätte gehen, schreibt der Autor in seinem Buch: "Das bei christlichen Bestattungen übliche Vaterunser würde ich an dieser Stelle nicht beten, da es das Gebet christlicher Gemeinden ist und vom verstorbenen Tier zu Lebzeiten weder verstanden noch mitgesprochen werden konnte."

"Es soll nichts Kitschiges sein, nicht wie diese furchtbaren Tiergottesdienste", sagt der Oberkirchenrat. Tiere bräuchten ohnehin keine Gottesdienste, weder tot noch lebendig. Ihren Besitzern könne eine christliche Trauerfeier aber helfen, über den Verlust hinwegzukommen - oder über mögliche Schuldgefühle, wenn sie das Tier einschläfern ließen. Ganz neu ist die Idee nicht, so hatte sich schon der Theologe Klaus-Peter Jörns vor einigen Jahren Gedanken über eine Tierbestattungs-Liturgie gemacht.

"Theologisch unverantwortlich"

In Felds hessen-nassauischer Landeskirche gibt es bislang keine offiziellen Beschlüsse zum Umgang der Kirche mit trauernden Tierhaltern und verstorbenen Haustieren. Ob christliche Tier-Trauerfeiern bereits von Pfarrern praktiziert werden, könne er nicht sagen, teilt Pressesprecher Stephan Krebs mit. Eine Tierbestattung wäre keine Amtshandlung, sondern würde als Teil der individuellen Seelsorge unter das Beichtgeheimnis fallen. Wenn der Unterschied zu einer menschlichen Bestattung deutlich gewahrt bleibe, würde eine solche Praxis von der Kirchenleitung aber toleriert werden.

"Ich halte diesen Vorschlag für theologisch unverantwortlich", warnt dagegen der Mainzer Theologie-Professor Kristian Fechtner, der in dieser Angelegenheit deutliche Worte der Kirche erwartet. Wenn die Unterschiede zwischen Menschen und Tieren so stark verwischt würden, sei das letztlich ein Bärendienst an allen, die sich in gesellschaftlichen Debatten für die Wahrung der Menschenwürde einsetzten.

Manche alleinstehenden Menschen würden ihr gemeinsames Leben mit einem Hund sicherlich wie eine Partnerschaft empfinden. Irgendwann, fürchtet Fechtner, könnte die Kirche dann ebenso aufgefordert werden, einen Segnungsgottedienst für derartige Lebensgemeinschaften einzuführen. Natürlich sei es in Ordnung, wenn eine Familie ihr verstorbenes Kaninchen im Garten begrabe - aber ohne religiösen Ritus.

epd