Die Bischofskonferenz hatte den Dialogprozess, der bis 2015 angelegt ist, im vergangenen Jahr unter dem Eindruck der Missbrauchsskandale in katholischen Einrichtungen beschlossen. Eingeladen nach Mannheim sind rund 300 Teilnehmer aus Diözesen sowie Vertreter katholischer Fakultäten, Ordensangehörige und Mitglieder des ZdK. Nach der Auftaktveranstaltung soll es in den kommenden Jahren vier weitere Treffen geben.
Die derzeit dringendste Frage sei nicht die nach dem Zölibat oder der katholischen Sexualmoral, sagte Zollitsch. "Die Gottesfrage ist die entscheidende Frage." Man wolle klären, was es heiße, heute an Gott zu glauben. Man wolle sich mit dem Prozess zeigen lassen, "(auf) welchem Weg Gott uns in die Zukunft führen möchte", so Zollitsch. Der Erzbischof sagte im Deutschlandradio Kultur, Reformbedarf sehe er vor allem bei der Frage, wie das Engagement der Laien in der Kirche gestärkt werden kann. Es gebe viele Fragen, und manche Mitglieder seiner Kirche seien enttäuscht, räumte Zollitsch ein.
Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD), der dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) angehört, kritisierte derweil die hierarchischen Strukturen innerhalb der katholischen Kirche. "Ich glaube, dass eine dominante Klerikerkirche keine Zukunft hat", sagte Thierse in einem epd-Gespräch. Durch die Missbrauchsskandale sei das Klerikerbild in der Öffentlichkeit stark beschädigt worden.
"Was will uns Jesus in dieser Stunde sagen?"
Als Konsequenz aus der Krise müsse die Fixierung auf den Kleriker überwunden werden. Mit Blick auf die sinkenden Priesterzahlen und immer größer werdende Kirchengemeinden sprach sich der SPD-Politiker dafür aus, den Laien in der Kirche mehr Rechte einzuräumen. "Die Frage ist: Was können Laien tun, was können aber auch Frauen und Diakone tun?" sagte Thierse.
Mit Blick auf die Beziehung zwischen katholischer und evangelischer Kirche sowie das bevorstehende Reformationsjubiläum 2017 sprach sich Thierse für einen stärkere Ökumene aus. Die evangelische Kirche müsse begreifen, dass ihre Geschichte nicht erst 1517 mit dem Thesenanschlag Luthers an die Wittenberger Schlosskirche beginne, sagte er. Und die katholische Kirche müsse erkennen, dass die Reformation auch Teil ihrer Geschichte sei.
Der Münchner Kardinal Reinhard Marx sagte am Freitag im Deutschlandfunk: "Wir sind in einer Zeit des Umbruchs." Doch werde die katholische Kirche nicht neu erfunden. Der Dialogprozess solle eine Ermutigung sein und analytisch der Frage nachgehen "Was will der Herr, was will uns Jesus in dieser Stunde sagen?" Entscheidend sei der "geistliche Weg": Die Kirche sei "kein politischer Verein, wo sich die einen gegen die anderen durchsetzen". Marx warnte davor, dass Machtfragen den Dialogprozess bestimmen könnten.
Das zweitägige Treffen in Mannheim bildet den Auftakt eines auf fünf Jahre angelegten Gesprächsprozesses. Den Abschluss soll der 50. Jahrestag des Vatikanischen Konzils im Jahr 2015 bilden.