Letzte Debatten vor der Abstimmung über PID
Gewissensentscheidung im Bundestag: Ohne Fraktionszwang entscheidet das Parlament am Donnerstag in Berlin über die Zulässigkeit von Gentests an Embryonen. Bis zuletzt galt das Ergebnis der Abstimmung als völlig offen. Bis Mittwoch hatten sowohl Gegner als auch Befürworter der Präimplantationsdiagnostik (PID) ähnlich viele Unterstützerstimmen gesammelt. Der EKD-Ratsvorsitzende Schneider äußerte sich ebenso wie der braunschweigische Landesbischof Weber noch vor der Abstimmung.

Bei der Präimplantationsdiagnostik werden im Reagenzglas erzeugte Embryonen vor dem Einpflanzen in den Mutterleib auf Erbkrankheiten gentechnisch untersucht. Mit dem Verfahren, das eine Aussonderung von Embryonen ermöglicht, soll die Weitergabe genetischer Erbkrankheiten verhindert werden. Eine Neuregelung steht an, weil der Bundesgerichtshof (BGH) im Juli 2010 das bisherige Verbot gekippt hatte.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, sprach sich in einem Zeitungsinterview für eine PID-Zulassung in sehr engen Grenzen aus. Ausdrücklich verwies er darauf, dass es sich dabei um seine persönliche Meinung und keine Position der EKD handele.

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Schneider sagte, er würde einer "eng konditionierten Zulassung" der PID zustimmen. Voraussetzung müsste aus seiner Sicht sein, dass eine genetische Veranlagung vorliegt, aufgrund derer der Embryo schon während der Schwangerschaft lebensunfähig ist. "Es sollte klar belegt sein, dass bei Paaren bereits Totgeburten und Fehlgeburten vorgekommen sind und diese genetisch verursacht sind", sagte der Ratsvorsitzende der EKD dem "Hamburger Abendblatt" (Donnerstagsausgabe).

Rat der EKD hatte sich gegen PID ausgesprochen

In der Debatte über die umstrittenen Gentests an Embryonen hatte der Rat der EKD im Februar in einer Stellungnahme ein Verbot dieses Verfahrens unterstützt. Uneins war das Gremium indes, ob in eng begrenzten Ausnahmefällen die PID zulässig sein sollte. Noch 2003 hatte sich die EKD gegen eine Zulassung der PID ausgesprochen. Schneider setzte sich im vergangenen Jahr mit Hinweis auf die Nöte der betroffenen Paare dafür ein, in der evangelischen Kirche neu zu beraten.

Die katholische Kirche setzt sich für ein generelles Verbot ein. In den vergangenen Wochen hatten sich auch zahlreiche evangelische Landesbischöfe zum Teil in gemeinsamen Erklärungen mit katholischen Amtsbrüdern gegen die PID ausgesprochen.

Von den drei dem Bundestag vorliegenden Gesetzentwürfen - Verbot, Verbot mit wenigen Ausnahmen, begrenzte Zulassung - werden mit hoher Wahrscheinlichkeit bei der entscheidenden Abstimmung nur zwei Anträge übrig bleiben. Sollte kein Gesetzentwurf eine Mehrheit bekommen, gilt weiterhin die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der eine PID in bestimmten Fällen zulässig ist. Alle drei Gesetzentwürfe werden jeweils von Abgeordneten aller Fraktionen unterstützt.
 

epd