Drei Buchstaben schlagen hohe Wellen: PID, kurz für Präimplantationsdiagnostik. In den vergangenen Jahren, aber gerade in den vergangenen Monaten gaben sich die verschiedensten Meinungen das Wort, von Kirche bis Politik, von Ärzten bis Müttern. Auch innerhalb der evangelischen Kirche waren die Meinungen geteilt. Peter Hintze beispielsweise, auch evangelischer Theologe, sprach sich dafür aus, EKD-Ratsvorsitzender Nikolaus Schneider für eine sehr eingeschränkte Zulassung, Bayerns Landesbischof Johannes Friedrich stellte sich wie Altbischof Wolfgang Huber strikt dagegen.
Von Tacheles bis Plasberg spielte das Thema PID auch in öffentlichen Diskussionen eine Rolle, der Deutsche Ethikrat wurde sich nicht einig (aber sprach sich mit einer 13:11-Mehrheit für eine begrenzte Zulassung aus), und auch der Rat der EKD fand keine klare Linie.
Bei PID gibt es kein Richtig und Falsch
Im Bundestag stehen nun am Donnerstag drei Anträge zur Entscheidung: ein generelles Verbot der Präimplantationsdiagnostik, ein Verbot mit einigen wenigen Ausnahmen oder eine begrenzte Zulassung der PID. Dabei ist ganz offiziell der Fraktionszwang aufgehoben (auch wenn es ihn ja eigentlich nicht gibt, aber das ist eine andere Debatte). Wie auch immer die Abgeordneten entscheiden: Die öffentliche Debatte, die der Abstimmung vorausgingen, war eine gute und wichtige Voraussetzung dafür.
Selten sieht man bei einer Debatte so viele verschiedene Meinungen in der Diskussion auftauchen – und wahrgenommen werden. Bei PID gibt es kein absolutes Richtig und Falsch. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass in der medialen Öffentlichkeit so unterschiedliche Ideenträger zu Wort kamen. Selbst innerhalb eines Denksystems wie dem christlichen Glauben sind sich die Vertreter nicht einig. So konnten auch die Medienmacher und Journalisten sich nicht auf eine Seite schlagen, die Gegenseite pro forma befragen und am Ende ein Urteil verkünden.
Die PID-Debatte setzte außerdem die Parteilinien außer Kraft. CDU oder SPD, Linke oder Grüne: Bei der PID hat jeder seine eigene Meinung. Denn die Frage, ob aus mehreren künstlich befruchteten Eizellen eine "gute", gesunde ausgewählt und der Rest dann entsorgt werden darf, spricht jeden Menschen unterschiedlich an. Persönliche Erfahrungen und der eigene ethische Kompass spielen da eine viel größere Rolle als Parteilinien.
Das Ergebnis respektieren
Daher ist es gut, dass die Debatte im Vorfeld so offen geführt wurde. Und es ist gut, dass die Abgeordneten nicht nur nominell bei dieser Abstimmung nur ihrem Gewissen verpflichtet sind. Man wünscht sich, dass mehr Entscheidungen mit so viel Vorlauf, so viel Debatte und so vielen sachlichen Argumenten getroffen würden. Das ist demokratischer als mit heißer Nadel gestrickte und mit Koalitionsmehrheit durch den Bundestag gebrachte Anträge. Grundsätzliche Entscheidungen erfordern grundsätzliche Debatten, auch und gerade in und mit der Öffentlichkeit.
Wie auch immer das Ergebnis dann ausfällt: Es ist nicht aus dem Bauch heraus entstanden. Das sollten nach der Abstimmung im Bundestag auch diejenigen respektieren, die für die unterlegene Idee gestimmt haben. Selbst wenn es ihnen nicht gefällt.
Hanno Terbuyken ist Redakteur bei evangelisch.de und schreibt das Blog "Angezockt".