"Zwei Herzen und ein Edelweiß", Freitag, 15. Juli, 20.15 Uhr im Ersten
Der Titel lässt das Schlimmste befürchten. Tatsächlich wirkt "Zwei Herzen und ein Edelweiß" dank der typischen Degeto-Musiksauce und dem prachtvollen Alpenpanorama zunächst wie der übliche Freitagsfilm. Aber dann mischen sich irritierende Untertöne in die Darbietungen. Die Figuren verhalten sich anders als erwartet, die Dialoge sind überraschend pointiert und pflegen einen trockenen Humor. Selbst wenn die Handlung in groben Zügen dem gewohnten Schema der Heimatromanze zu entsprechen scheint: Oft genügen Autor Mathias Klaschka nuancierte Veränderungen, um sein amüsantes Spiel mit den festgefahrenen Sehgewohnheiten zu treiben.
Dabei ist die Geschichte ganz einfach: Großstadtpflanze stellt zur eigenen Überraschung fest, dass ihr das rustikale Dasein im Berchtesgadener Land enormes Vergnügen bereitet. Schon die Einführung aber sieht bei Klaschka etwas anders aus. Auf dem Weg nach Italien will die frisch geschiedene Bettina (Julia Jäger) mit ihren beiden Kindern beim geliebten Großonkel Station machen. Dass das Auto inmitten einer Schafherde liegen bleibt, damit sie ihrem Schwarm (Sascha Hehn) aus Kindertagen begegnen kann, mag ja noch den Freitagskonventionen gehorchen; dass der Onkel zwischenzeitlich gestorben ist, schon weniger. Doch spätestens, wenn Bettina eine ergreifende Grabrede hält, aber leider auf der falschen Beerdigung, weiß man: Dieser Film ist anders als die anderen Degeto-Produktionen.
Slapstick inbegriffen
Klaschka hält sich jedoch weiter ans übliche Strickmuster. Bettina erbt Onkels Hof und würde ihn gern verkaufen, aber auf keinen Fall an eine bundesweite Werkstattkette, die hier unbedingt eine "Stopp-Pitt"-Filiale aufmachen will. Weil der Käufer ein Naturliebhaber sein sollte, gibt sich der smarte Repräsentant (Florian Fitz) als Autor aus, der die Ruhe sucht. Prompt lässt sich Bettina um den Finger wickeln. Derweil vergrault Karl, Onkels alter Knecht, dem sein Arbeitgeber ewiges Wohnrecht garantiert hat, potenzielle weitere Käufer mit Horrorgeschichten von Rattenepidemien und Leichen in der Küche.
Helmut Metzger inszeniert die muntere Handlung zwar nicht gerade im ProSieben-Tempo, aber dank der diversen Slapstick-Szenen geht's doch deutlich flotter zu als sonst. Gerade der "Stopp-Pitt"-Mann bekommt immer wieder mal Mist oder andere übelriechende Dinge ab. Hübsch ist auch die Romanze mit Martin eingefädelt, Bettinas Jugendliebe. Abgerundet wird das Ensemble durch Gaby Dohm als ihre Mutter, die ständig besser weiß, was gut für ihre Tochter ist. Die besten Dialogzeilen aber hat Paul Metzger als halb erwachsener Sohn Tom, dem das Landleben gewaltig stinkt und der mit seinem Sarkasmus viel Würze in den Film bringt.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).