Margot Käßmann wird eine Wittenbergerin
Paukenschlag im Protestantismus: Margot Käßmann, ehemalige hannoversche Landesbischöfin und Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), wird neue EKD-Botschafterin für das Reformationsjubiläum 2017. Vom kommenden Jahr an koordiniert sie die Vorbereitungen auf den 500. Jahrestag sowie die vorausgehende Lutherdekade.
06.07.2011
Von Thomas Schiller

16 Monate nach ihrem spektakulären Rücktritt von allen kirchlichen Ämtern beschloss der Rat der EKD, Käßmann zur Botschafterin für das Reformationsjubiläum im Jahr 2017 zu machen. Die 53-jährige Theologin, die derzeit eine Gastprofessur an der Ruhr-Universität in Bochum innehat, soll die neue Funktion im Frühjahr kommenden Jahres antreten, teilte die EKD am Dienstagabend in Hannover mit.

Größtes Ereignis der kommenden Jahre

Der 500. Jahrestag des Thesenanschlags durch Martin Luther gilt für die evangelische Kirche als das größte Ereignis der kommenden Jahre. Die langjährige Bischöfin von Hannover, die zu einer der bekanntesten Protestantinnen Deutschlands wurde, soll dafür werben. Schon bald nach ihrem Rücktritt vom Ratsvorsitz hatte sich ihr Nachfolger Nikolaus Schneider dafür ausgesprochen, dass Käßmann eine wichtige Stimme im deutschen Protestantismus bleiben solle. Doch über Monate blieb unklar, was dies konkret bedeutet.

Mit der Berufung einer Botschafterin betritt die evangelische Kirche Neuland. Bis April war die EKD mit Stephan Dorgerloh als Prälat in Wittenberg vertreten. Doch der ostdeutsche Theologe rückte für die SPD als Kultusminister in die neue Landesregierung von Sachsen-Anhalt ein. Die Stelle ist seitdem vakant, und in der EKD-Zentrale in Hannover wird intensiv überlegt, wie sich die evangelische Kirche personell für das Jubiläumsjahr aufstellt. Schon jetzt gibt es eine Vielzahl von staatlichen, kirchlichen und gemeinsamen Gremien, die sich mit dem Reformationsjubiläum befassen - und darüber hinaus auch Initiativen von Bürgern und Stiftungen.

Präsentation folgt am Freitag

Bis sie am Freitag mit dem Ratsvorsitzenden Schneider und Kirchenamtschef Hans Ulrich Anke in Berlin vor die Presse tritt, will sich Käßmann zu ihrer neuen Aufgabe nicht öffentlich äußern, teilte sie dem Evangelischen Pressedienst (epd) auf Anfrage mit.

In den Monaten nach ihrem Rücktritt in Folge einer Trunkenheitsfahrt war viel über neue Aufgaben für die frühere Bischöfin spekuliert worden. Bei den Kirchentagen in München und Dresden zog sie weiterhin Tausende von Zuhörern an, in der Spiegel-Bestsellerliste ist sie gleich mit zwei Büchern vertreten. Sie absolvierte einen Gastauftritt als Talkshow-Moderatorin und wurde von hessischen Boulevardmedien als Kandidatin für das Oberbürgermeisteramt in Frankfurt am Main gehandelt - das Dementi folgte umgehend: Sie sehe ihre Zukunft in der Kirche und nicht in der Politik. Die Aufgabe als Repräsentantin für das Lutherjubiläum liegt für sie nahe. Die Lutherstadt Wittenberg ist mit dem Zug nur eine gute halbe Stunde von Käßmanns neuem Wohnort Berlin entfernt.

epd