Dänemark senkt den Schlagbaum wieder
Ausgerechnet zum Ferienauftakt hat Dänemark mit Grenzkontrollen begonnen. Politiker aus Deutschland protestieren. Kopenhagen hält die Kritik jedoch für "schräg und hysterisch". Die EU prüft die Vorwürfe, sieht aber derzeit noch keinen Verstoß gegen das Schengen-Abkommen.

"Was passiert denn hier?" Der belgische Autofahrer ist sichtlich verwundert. Um ihn herum drängen sich einige dänische Zöllner in neongelben Westen mit der Aufschrift "Told" für Zoll. Vor allem aber erblickt er ein Knäuel aus Kameraleuten und Reportern, die am deutsch-dänischen Grenzübergang Frøslev-Ellund (deutsch: Fröslee) an der A7 bei Flensburg auf Autofahrer warten, die vom Zoll gefilzt werden.

Zehn Jahre nach Inkrafttreten des Schengenabkommens haben die Dänen den Schlagbaum wieder runtergeklappt - sinnbildlich zumindest, denn der Auftakt der neuen Zollkontrollen war wenig spektakulär. Die Stichproben sollen den Schmuggel von Drogen, Waffen und großen Geldmengen wirksamer als bisher unterbinden. 30 zusätzliche Beamte werden an die deutsch-dänische Grenze beordert, 20 weitere an die Fähranleger und den Öresund.

Die dänische Regierung hat immer wieder versichert, dass die gerade jetzt in Massen anreisenden deutschen Sommerurlauber keine Behinderungen befürchten müssten. Und in der Tat: Zumindest Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Jost de Jager (CDU) sagte, er habe auf dem Weg zur Tagung einer deutsch-dänischen Verkehrskommission "keine Veränderung gegenüber früheren Passagen" über die Grenze festgestellt. Auch wenn die Wiedereinführung der Kontrollen zweifellos unschön sei, solle man "die Kirche im Dorf lassen."

Dänische Volkspartei hatte die Kontrollen gefordert

In der "Bild"-Zeitung (Dienstag) forderte Hessens Europaminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) dennoch deutsche Urlauber wegen der neuen Kontrollen zur Entscheidung für andere Ferienziele auf. Hahn sagte: "Wenn Dänemark zur Urlaubszeit wieder Grenzkontrollen einführt, kann ich nur dazu raten, auf der Stelle umzudrehen und lieber in Österreich oder Polen Urlaub zu machen."

Dänemarks für den Zoll zuständiger Steuerminister Peter Christensen nannte Hahns Äußerung "ziemlich schräg". Der Nachrichtenagentur dpa sagte er: "Ein Aufruf zum Urlauberboykott ist doch einfach hysterisch. Ich weiß nicht, ob deutsche Wähler so einem schrägen Politiker hinterherlaufen." Man müsse den Verdacht haben, dass Hahn von der Ausformung der Kontrollen keine Ahnung habe.

Der außenpolitische Sprecher der rechtspopulistischen DVP, Søren Espersen, stufte Hahns Kritik in der Online-Ausgabe von "Jyllands-Posten" als "Aussage eines allein stehenden fanatischen Extremisten" ein. Die DVP aus dem Kopenhagener Regierungslager ist seit fast zehn Jahren treibende Kraft hinter der betont harten dänischen Ausländerpolitik. Sie hatte als Mehrheitsbeschafferin für Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen auch die neuen Grenzkontrollen verlangt und durchgesetzt.

EU: "Wir beobachten genau"

Nach Einschätzung des Unions-Innenexperten Hans-Peter Uhl (CSU) dürfen die Mitgliedstaaten des grenzfreien Schengen-Raumes aber lediglich auf Grenzkontrollen zurückgreifen, wenn Gefahr im Verzug sei. "Diese Gefahr ist an der deutsch-dänischen Grenze nicht erkennbar", sagte Uhl. Die EU-Kommission sieht hingegen nach einer ersten Einschätzung keinen Verstoß gegen geltendes EU-Recht. "Dänemark hat versichert, dass es sich um stichprobenartige Kontrollen auf der Grundlage einer Risikoanalyse handelt", sagte der Sprecher der zuständigen EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström am Dienstag in Brüssel. Dies sei nach dem Vertrag über den grenzkontrollfreien Schengen-Raum zulässig und werde auch von anderen Mitgliedsstaaten praktiziert.

Allerdings hat die EU-Kommission nach wie vor Bedenken, dass die Kontrollen in der Praxis doch anders ablaufen und gegen den freien Personenverkehr nach dem Schengen-Abkommen und den freien Warenverkehr nach dem EU-Vertrag verstoßen könnten. "Wir beobachten die Umsetzung sehr genau", sagte der EU-Sprecher. Deshalb hatte Brüssel von Dänemark erläuternde Unterlagen verlangt. "Wir sind dabei, diese Dokumente zu prüfen."

dpa