Künftiger Hauptstadtbischof: Homosexualität "ungeordnet"
Der künftige Berliner Erzbischof Rainer Maria Woelki sieht in der Kirche keine "Moralanstalt". Anstatt bestimmte Lebensweisen zu verurteilen und sich gegen etwas zu stellen, wolle er lieber für den Glauben und eine christliche Lebensweise werben, sagte Woelki. Zugleich machte er klar, dass er sich in strittigen Fragen an die katholische Lehrmeinung halten werde. Homosexualität bezeichnete er als "vor Gott nicht geordnet". Woelki kündigte indes an, auch das Gespräch mit Schwulen und Lesben suchen zu wollen.

Woelki sagte bei seiner Vorstellung am Dienstag in Berlin, die Kirche sei keine Moralanstalt, "die mit dem Zeigefinger herumfuchtelt". Seine Meinung zur Homosexualität gründe indes auf dem Katechismus der katholischen Kirche. Praktizierte gleichgeschlechtliche Liebe sei "aus katholischer Sicht vor Gott nicht geordnet", so der bisherige Kölner Weihbischof. Trotzdem wolle er über die Menschen kein Urteil fällen und ihnen mit Respekt begegnen. Er strecke auch dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit seine Hand aus. Der SPD-Politiker ist bekennender Homosexueller.

Amtseinführung am 27. August

Die Ernennung Woelkis zum Nachfolger des verstorbenen Kardinals Georg Sterzinsky war in Berlin auf gemischte Reaktionen gestoßen. Schwulenverbände und Politiker hatten angebliche Äußerungen des Weihbischofs zur Homosexualität kritisiert. Dagegen sagte der Geistliche, er habe den Satz, wonach Homosexualität gegen die "göttliche Schöpfungsordnung" verstoße, selber "nicht in die Öffentlichkeit getragen" Woelki soll am 27. August in Berlin in sein Amt eingeführt werden. Einen Tag später wird der künftige Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt geweiht. Am 22. September wird Papst Benedikt XVI. zum Auftakt seines Deutschlandbesuchs im Berliner Olympiastadion einen Gottesdienst feiern. Im Erzbistum Berlin, zu dem auch Teile von Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern gehören, leben 391.000 Katholiken.

Eine Mitgliedschaft in der katholischen Priester-und Laienbewegung Opus Dei verneinte Woelki. "Das ist nicht meine geistliche Heimat", sagte der Geistliche, der an der zum Opus Dei (Werk Gottes) gehörenden Päpstlichen Universität vom Heiligen Kreuz in Rom promoviert hat. "Ich bin einfach normal katholisch geblieben." Trotzdem schätze er die Arbeit der Bewegung wie die vieler anderer katholischer Orden. Das Opus Dei leiste "gute Arbeit" in vielen Regionen der Welt. Der Bund gilt als ultrakonservativ.

Da in Berlin mehr Protestanten als Katholiken lebten, liege ihm viel an der ökumenischen Zusammenarbeit, sagte Woelki. "Ich will das uns Verbindende herausarbeiten und betonen", sagte der gebürtige Kölner. Über Unterschiede in den verschiedenen Konfessionen werde er sich aber auch nicht hinwegsetzen können. Thematisch wolle er an seinen Vorgänger Sterzinsky anknüpfen, so der Geistliche. Ein Schwerpunkt sei die karitative Arbeit für Arme und Obdachlose. Auch das Anliegen Sterzinskys, Frauen in verantwortliche Positionen in der Kirchenverwaltung zu bringen, halte er für unterstützenswert. Sie jedoch als Diakoninnen oder Priesterinnen einzuführen, sei nicht möglich, da sich die katholische Kirche an den "göttlichen Stifterwillen" gebunden glaube, sagte Woelki.

Ehelosigkeit der Priester "angemessen"

Der künftige Erzbischof machte sich darüber hinaus für das inzwischen auch innerkirchlich umstrittene Gebot der Ehelosigkeit von Priestern stark. Der Zölibat sei eine im wahren Sinn "evangelische, also dem Evangelium folgende" Lebensform, sagte Woelki. "Ich halte das für angemessen." Er bekannte, dass der konservative Kölner Kardinal Joachim Meisner ein wichtiger Förderer gewesen sei. Nicht immer sei er aber Meisners Meinung. "Der Kardinal akzeptiert durchaus andere Meinungen - ob er danach handelt, ist eine andere Sache".

Der Catholica-Beauftragte der lutherischen Kirchen in Deutschland (VELKD), Friedrich Weber, gratulierte dem Kölner Weihbischof zu seiner Berufung. Der Braunschweiger Landesbischof betonte in einem Schreiben an den zukünftigen Berliner Erzbischof, es sei eine ganz besondere Verantwortung und Herausforderung für Woelki, seinem bischöflichen Wahlspruch "Nos sumus testes" (Wir sind Zeugen) in der stark säkular geprägten Bundeshauptstadt nachzukommen. Bischöfliche Amtsträger seien berufen, Demut und Schlichtheit vorzuleben. Ihr Amt zeichne sich nicht durch Herrschaft über andere aus. Vielmehr seien sie sich der Menschen bewusst, die am Rand der Gesellschaft stehen.

epd/dpa