Zwei Trennlinien verlaufen beim Thema PID. Die erste ist die Frage: Ist eine befruchtete Eizelle, ein Embryo in der Petrischale, bereits menschliches Leben? Die zweite Frage ist: Öffnet man mit der Legalisierung der PID, auch begrenzt, die Tore für Designerkinder und verhindert damit normale Kinder - kann man PID also überhaupt eingrenzen?
Auf Seiten der PID-Befürworter traten bei "Hart aber fair" mit Frank Plasberg auf: Peter Hintze, evangelischer Theologe und Bundestagsabgeordneter der CDU, die 29-jährige Sonja Werner, durch PID Mutter einer gesunden Tochter, und Dr. Matthias Bloechle, der Arzt, der - damals noch illegal - die PID für Frau Werner durchführte und sich anschließend selbst anzeigte.
Gegen die PID sprachen der ehemalige Ratsvorsitzende der EKD Wolfgang Huber und die ehemalige Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt. Auch Guildo Horn, Schlagersänger und Sozialpädagoge, war eigentlich für diese Seite eingeladen, weil er viel mit behinderten Menschen arbeitet, aber letzlich übernahm er die Stimme der vielen Untentschlossenen.
"Mir ist das viel zu komplex", sagte Horn am Ende der Sendung - er war froh, dass er kommende Woche im Bundestag nicht mit abstimmen wird. Damit traf er ins Schwarze, denn für das umfangreiche Thema PID waren die 75 Minuten entweder zu kurz oder zu lang. Zu kurz, weil die Fronten klar sind: Entweder man betrachtet Embryos in der Petrischale als Leben, dann darf man sie nicht zum größten Teil wegselektieren. Oder man betrachtet sie nur als Bausteine für menschliches Leben, dann ist das Aussortieren im Prinzip kein ethisches Problem.
Gegen PID zu sein heißt nicht, gegen Kinder zu sein
So einfach machten es sich die Disputanten dann aber doch nicht. Interessant war vor allem die Konfrontation der PID-Gegner mit dem Einzelfall von Sonja Werner, deren Foto von der glücklichen Familie die Sendung eröffnete. Altbischof Wolfgang Huber konnte sich aber auf seine Erfahrung berufen: Er hätte Frau Werner mit ihren drei Fehlgeburten nicht zur PID, sondern zur Adoption geraten, so wie es bei einer Bekannten auch passiert sei.
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Gegen PID zu sein heißt nicht, gegen Kinder zu sein, erklärte Huber. Er war sich mit seinem Theologen-Kollegen Hintze einig, dass die Heilung schon durch Jesus eine wesentlicher Aufgabe im christlichen Glauben sei. "Aber mich beschäftigt genauso die Frage, was passiert, wenn auf dem Weg anderes Leben verworfen wird. Das kann ich nicht davon abtrennen", führte der Altbischof aus. Ulla Schmidt unterstützte dabei: "Ich möchte nicht, dass Kriterien entwickelt werden, nach denen nach lebenswertem und lebensunwertem Leben entschieden wird."
Peter Hintze widersprach nicht. "Nach meiner Überzeugung ist jedes Leben gleich lebenswert", sagte er, aber auch: "Gott hat uns Kräfte gegeben, die Menschen zu heilen." Und das bezog er auf die Zukunft des ungeborenen Lebens, darauf, schon vor der Einpflanzung des Embryos viel Leid zu ersparen. "Es gibt einen großen Unterschied zwischen einer befruchteten Eizelle, die das Programm für einen Menschen trägt, und einem Menschen." Insbesondere verwies Hintze darauf, dass es widersinnig sei, Abtreibungen am lebenden Embryo zuzulassen, am Zellklumpen in der Petrischale aber nicht.
"Die Gesetzeslage muss stimmig bleiben"
Sonja Werner schlug in die gleiche Kerbe. Ulla Schmidt mit ihrer gesamtgesellschaftlichen Argumentation hielt sie vor: "Wollen Sie mir erzählen, dass es besser ist, drei Kinder abzutreiben, deren Herz schon schlägt, oder dass ich das vorher mit den Zellklumpen mache? Die Gesellschaft kann mir nicht vorschreiben, wie ich leben soll - mein Körper, mein Kind!"
Matthias Bloechle spitzte es ebenfalls auf diesen Punkt: "Man kann eine Frau nicht zwingen, eine Schwangerschaft auszutragen. Warum wollen sie sie dann dazu zwingen, einen Embryo zu haben, der nicht lebensfähig ist?" Der Arzt zeigte sich außerdem überzeugt, eine Einschränkung der PID sei möglich, eine Begrenzung auf bestimmte Fälle, damit der Weg zum Designer-Baby verschlossen bliebe.
"Der Gesetzgeber muss dafür sorgen, dass die Gesetzeslage stimmig bleibt", bekräftigte Hintze, der immer wieder auf den Widerspruch zwischen einem PID-Verbot und der Abtreibungs-Erlaubnis hinwies und ebenso wie Arzt Bloechle das Recht der Mutter in den Vordergrund stellte: "Wir machen jetzt ein Gesetz, bei dem diese ganzen Sachen, Designerbaby, blaue Augen, weiß der Kuckuck was, ausgeschlossen sind." Aber was in fünf Jahren ist, wisse er auch nicht.
Einfach schwarz und weiß ist die Entscheidung nicht
Das war nämlich genau die Vision, die Plasbergs Redaktion in einem der Einspieler in der Sendung präsentierte. In England wird PID zur Selektion von Embryonen verwendet, die eine Veranlagung für Brustkrebs haben. In Spanien werden "Rettungsgeschwister" ausgewählt, die einem kranken Geschwisterkind genetisch so ähnlich wie möglich sind, damit sie zum Beispiel Knochenmark spenden können. Und in den USA wird vor der künstlichen Befruchtung durchaus auch das Geschlecht des Kindes schonmal festgestellt - und natürlich nur das Wunschkind eingepflanzt.
Und genau da sah Altbischof Huber das Problem: "Die Situation von Frau Werner ist genau die Situation, die mich dazu bewegen würde, einen schmalen Korridor zuzulassen", gab er zu: "Aber der Gesetzgeber kann das nicht ermöglichen." Denn nicht nur die Mütter hätten das entscheidende Wort. Auch die Reproduktionsmediziner würden ihre Möglichkeiten gern erweitern. Der Gesetzgeber den Embryo in der Petrischale nicht nur als Zellklumpen, sondern als schützenswertes Leben ansehen, damit das nicht passiert, forderte Huber.
Am Ende blieb die Erkenntnis von Guildo Horn: "Es gibt viele Dinge, bei denen weiß ich genau: da bin ich dafür, da bin ich dagegen. Das ist hier überhaupt nicht der Fall." Das müsse jeder für sich entscheiden, sagte der Musiker - womit er genau das Fazit des EKD-Papiers von diesem Jahr zum Thema PID traf. Und auch die Abgeordneten, die kommende Woche über ein Verbot oder die begrenzte Erlaubnis der PID abstimmen müssen, kommen um eine Entscheidung nicht herum. Die Plasberg-Sendung machte die Linien noch einmal deutlich. Aber die Entscheidung für oder gegen PID wurde dadurch keineswegs leichter.
Hanno Terbuyken ist Redakteur bei evangelisch.de.