Die Idee zu dem ungewöhnlichen Contest hatte Katja Plate, Leiterin der römischen Niederlassung der Stiftung. Etwaige Zweifel daran, dass Benedikt XVI. seine Reden auch selbst schreiben könnte, versucht sie im Keim zu ersticken. Es komme ja jemand "Liebes" zu Besuch, und da bereite man sich normalerweise vor, sagte sie im papsteigenen "Radio Vatikan". Die Zuneigung der Merkelianer zur katholischen Amtskirche war nicht immer so ungeteilt – erst letztes Jahr raunzte die Kanzlerin den Papst ordentlich an, weil der einen Holocaust-Leugner wieder in den Schoß der Kirche aufnahm.
Höchstens fünf Seiten
Die Ausschreibung für den Wettbewerb ist vor allem an theologische Hochschulen verschickt worden. Das verwundert etwas, denn es soll ja eine politische Rede werden am 22. September. Der Papst kommt als Staatsoberhaupt des Vatikan nach Berlin und ins deutsche Parlament. Vorschläge für die Ansprache darf aber grundsätzlich jeder einreichen, der sich angesprochen fühlt. Also Christen und Atheisten, Frauen und Männer, Schwarze und Weiße, Hetero- und Homosexuelle. Die Stiftung will alle Beiträge berücksichtigen, die in "Theologie, Form und Inhalt" so sehr der Papstrede entsprechen, dass er sie tatsächlich halten könnte. Höchstens fünf Seiten darf sie lang sein, Einsendeschluss ist der 26. August.
Und wer entscheidet über den Sieger? Erst wird vorsortiert, dann wählt ein Gremium aus Professoren, Journalisten und Vatikanvertretern die besten drei oder vier Vorschläge aus. Das letzte Wort hat schließlich einer, der den Papst sehr gut kennt und ihn noch heute jede Woche zum Essen trifft: Bischof Josef Clemens, Sekretär des päpstlichen Laienrates. Er war zuvor viele Jahre lang die rechte Hand von Joseph Ratzinger, als der noch Präsident der Glaubenskongregation war. Clemens hat seinem Chef in dieser Zeit wohl manche Rede geschrieben, kennt den Ratzinger-Sprech genau.
Der beste Ghostwriter erhält übrigens ein ganz besonderes Geschenk: Er wird im Reichstagsgebäude dabei sein, wenn der Papst seine eigene Rede hält. Dort werden ja jetzt ein paar Plätze frei, wenn einige säkularistische Abgeordnete dem Aufruf des SPD-Mannes Rolf Schwanitz folgen, die Ansprache zu boykottieren. Zudem veröffentlicht die Konrad-Adenauer-Stiftung den Gewinnertext auf ihrer Internetseite. Geldpreise sind nicht vorgesehen. Auch der Papst bekommt ja nichts für seinen Auftritt. Außer vielleicht Gottes Lohn und einen warmen Händedruck von Angela Merkel.
Katholisch und lockere Zunge
Wer wären aber die geeignetsten Redenschreiber? Infrage kommt neben Margot Käßmann (gerade im Schreibfluss), Harald Schmidt (katholisch und lockere Zunge) oder Peter Hahne (Allzweckwaffe) auch Uta Ranke-Heinemann: Vergangenes Jahr hat sie dem Papst auf evangelisch.de bereits einige Sachen ins Stammbuch geschrieben, was für gehörigen Wirbel sorgte. Jetzt aber müsste sie nicht an, sondern für Benedikt XVI. schreiben – ein spannender Rollenwechsel. Allerdings sollte man ihr dann vorher sagen, dass der Bundestag nicht über die katholische Sexualmoral entscheidet und auch den Zölibat nicht so einfach abschaffen kann.
Inkognito könnte natürlich auch der Papst selbst teilnehmen – denn er weiß ja am besten, was er bei seinem Besuch in Deutschland sagen will. Allerdings wäre es peinlich für die Adenauer-Stiftung und für das deutsche Ansehen, wenn er den Wettbewerb dann nicht gewinnen würde. Konsequent wäre es natürlich, wenn die Rede, die nicht vom Papst selbst ist, auch nicht von ihm gehalten wird. Hier hat Gerhard Polt, wie untenstehendes Video dokumentiert, wichtige Pionierarbeit geleistet, sieht man einmal von der wunderlichen Attitüde des bayerischen Erzkomödianten ab, mit der er vom "disastro lutheranico" und von der "Käßmannia" spricht. Letztlich zeigt sich: Auch eine Papstrede muss nicht immer eine bierernste Sache sein.
Bernd Buchner ist Redakteur bei evangelisch.de und dort zuständig für das Ressort Kirche + Religion.