Kirchen einigen sich in Genf auf Kodex für Mission
Die christlichen Kirchen haben sich erstmals auf gemeinsame Regeln für ihre weltweite Missionstätigkeit geeinigt. Mission müsse von Nächstenliebe, Mitgefühl, Demut und Integrität bestimmt sein, betonten der Vatikan, der Ökumenische Rat der Kirchen und die Weltweite Evangelische Allianz bei der Vorstellung eines freiwilligen Ethikkodexes am Dienstag in Genf. Der "Respekt für alle Menschen" solle garantiert sein.

Nach Angaben des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) handelt es sich bei dem Ethikkodex um das erste gemeinsam mit Vatikan und Weltweiter Evangelischer Allianz verabschiedete Dokument. Die Ausarbeitung, an der sich auch die orthodoxen Mitgliedskirchen des ÖRK beteiligt haben, dauerte fünf Jahre. Die drei Institutionen wollen die Richtlinien jetzt innerhalb ihrer Kirchen bekannt machen. Es ist nicht geplant, die Einhaltung der Empfehlungen einheitlich zu überwachen.

Grundsätze der Nächstenliebe nicht verletzen

Der Generalsekretär des ÖRK, Olav Fykse Tveit, erinnerte daran, dass in der Vergangenheit Missionare immer wieder die christlichen Grundsätze der Nächstenliebe verletzt hätten. Daher heißt es in dem Dokument: "Täuschung und Zwangsmittel" seien keine Methode der Mission: "Die Ausnutzung von Armut und Not hat im christlichen Dienst keinen Platz." Auf Gewalt dürfe unter keinen Umständen zurückgegriffen werden.

Der Präsident des Päpstlichen Rats für den Interreligiösen Dialog, Kurienkardinal Jean-Louis Tauran, sagte, "wir sind keine Lehrer, wir sind Botschafter der Erlösung". Die Empfehlungen sollten Spannungen zwischen den Religionsgemeinschaften abbauen. Tauran äußerte die Hoffnung, dass auch Vertreter des muslimischen Glaubens die Hinweise zur Kenntnis nehmen.

Der Generalsekretär der Weltweiten Evangelischen Allianz, Geoff Tunnicliffe, unterstrich, dass die Richtlinien auch eine Hoffnung für unterdrückte Menschen bringen könnten. Alle Regierungen sollten das Recht anerkennen, die Religion öffentlich zu bekennen, auszuüben, zu verbreiten und zu wechseln. Ohne Religionsfreiheit sei Mission nicht möglich.

"Mission gehört zum Wesen der Kirche"

In ihrer gemeinsamen Erklärung räumen Vatikan, ÖRK und Weltweite Evangelische Allianz zudem ein, dass Kirchenübertritte oft zu Reibungen und Kontroversen führten. In der Vergangenheit gab es beispielsweise in Russland immer wieder den Vorwurf, dass die katholische Kirche den Orthodoxen Gläubige abwirbt. Gleichzeitig unterstreicht das Papier aber auch die herausragende Bedeutung der Mission. "Mission gehört zutiefst zum Wesen der Kirche", heißt es in der Präambel.

Weltweit repräsentieren Vatikan, ÖRK und Evangelische Allianz 90 Prozent aller Christen. Der ÖRK umfasst rund 350 christliche Kirchen mit rund 560 Millionen Gläubigen. Die Weltweite Evangelische Allianz ist ein Zusammenschluss von Kirchen in 128 Ländern mit 600 Millionen Gläubigen. In der Mitgliedschaft von ÖRK und Allianz gibt es Schnittmengen. Die katholische Kirche repräsentiert mehr als eine Milliarde Christen.

epd